Emanzipation
Befreiung aus Unfreiheit und Abhängigkeit. Im römischen Recht als Passivkonstruktion des Entlassens eines Herrschaftsunterworfenen aus seiner Unfreiheit benutzt (Entlassung des Sohnes aus väterlicher Gewalt), erweitert sich der E.-Begriff zu einer rechtlichen, politischen und moralischen Kategorie. So führt das Bürgertum seine Kämpfe um gesellschaftliche und politische Partizipation gegen feudalistische Strukturen als E.-Kampf. Diese hier entfaltete Bedeutung einer Befreiung aus illegitimen Herrschaftsverhältnissen prägt den Begriff bis heute. Dabei haben sich zwei Argumentationsfiguren herausgeschält. Zum einen fordern unterschiedliche Gruppen, Schichten etc. ihre E. mit dem Hinweis auf allgemeine Rechtsnormen (E. der Katholiken in England des 19. Jh., E. der Juden, Befreiung der Negersklaven, Frauen-E.), während zum anderen E. als Aufgabe der Menschheit gilt, etwa im aufklärerischen Sinn einer sittlichen Vervollkommnung jedes Individuums. Durch die Introjektion von Perfektibilitätsvorstellungen in den E.-Begriff dynamisiert er sich. E. wird damit zum Synonym von Geschichte und Fortschritt. In der Interpretation von Marx steigt schließlich das Proletariat zu jener Klasse auf, deren spezifische E. die E. der Menschheit überhaupt realisiert. In der modernen Dynamik von »Säkularisierung und Selbstbehauptung« (H. Blumenberg) kommt einem Verständnis von E. als menschlicher Fähigkeit zur Wirklichkeitsbeherrschung durch Vernunftentfaltung große Bedeutung zu. E. setzt danach Entwicklung und Gebrauch von kritischen Fähigkeiten voraus. In diesem Verständnis ist E. Teil und Ziel vielfältiger Lernerfahrungen.
TN