Kalkül
in der Logik ein System von syntaktischen Umformungsregeln zur Erzeugung von Zeichenreihen, die als Theoreme bezeichnet werden. Eine Folge von Regelanwendungen wird als Ableitung oder Deduktion bezeichnet. Eine Ableitung für das Theorem A ist eine Ableitung, die mit A endet. K.e dienen der Präzisierung und Formalisierung des mathematischen Beweisbegriffs. Obwohl für korrektes logisches Schließen bereits in der aristotelischen Syllogistik Regeln formuliert wurden, die einen quasi-syntaktischen Charakter hatten und insbesondere bei Leibniz dem modernen Kalkülbegriff nahe kommen, gelingt eine den Bedürfnissen der Mathematik angemessene Kalkülisierung der Logik erst durch den Prädikatenkalkül, wie er erstmals 1879 von Frege vorgelegt wurde. Mit dem gelegentlich auch als Funktionenkalkül bezeichneten Prädikatenkalkül ist im Gegensatz zur traditionellen Syllogistik auch eine logische Behandlung relationaler Aussagen möglich. Die Intensivierung logischer Forschungsaktivitäten durch die sog. Grundlagenkrise der Mathematik hat zu einer Vielzahl von K.en geführt, die zum Teil sehr verschiedene Forschungsinteressen widerspiegeln. – Die wichtigsten Arten von K.en sind (a) die axiomatischen, sog. Hilberttypkalküle, die auf einer Menge von Axiomen, für die eine heuristische Motivation nicht unbedingt erforderlich ist, mit einer geringen Zahl von Schlussregeln v.a. eine handliche Charakterisierung der relativ zu einer Semantik oder Interpretation gültigen Aussagen leisten; (b) die sog. Gentzenkalküle, zu denen der K. des Natürlichen Schließens gehört, der axiomenfrei sog. Einführungsund Beseitigungsregeln für logische Konstanten und Annahmen formuliert, die weitgehend den intuitiven (›natürlichen‹) mathematischen Beweisbegriff umsetzen, sowie der sog. Sequenzenkalkül, der im Wesentlichen eine für beweistheoretische Zwecke geeignetere Adaption des K.s des Natürlichen Schließens ist; (c) der semantiknahe Tableau- oder Baum-K., der, unabhängig von Beth, Hintikka und Schütte formuliert, statt eines direkten Beweisverfahrens ein Widerlegungsverfahren systematisiert und als zum Sequenzenkalkül dual verstanden werden kann. – Die verschiedenen K.e wurden auch auf nicht-klassische Logiken übertragen. Ein wichtiges Kriterium für K.e ist die Adäquatheitsbedingung. Von Algorithmen im engeren Sinn werden K.e durch die Nichteindeutigkeit der Regelabfolge unterschieden.
UM
LIT:
- M. Richter: Logikkalkle. Stuttgart 1978.