Mīmāṃsā
(sanskrit, Erwägung, Prüfung). Die M. (auch Pūrva-M. »früherer M.« oder Karmamīmāṃsā »Werk-M.«, im Gegensatz zum Uttara-M. »Höherer M.« oder Brahma-M. = Vedānta) ist der älteste Versuch, den Veda innerhalb einer Systematik auszulegen (Sūtra des Jaimini, ca. 300–200 v.Chr.). Die M. erkennt somit nicht nur – wie die anderen Systeme auch – den Veda als absolute Autorität und Offenbarung an, sondern ihr Hauptinteresse ist dessen Exegese. Wichtig für die indische Philosophie insgesamt ist die Methodik der Textinterpretation, die Hermeneutik, die die M. entwickelt hat: Konstatierung der Aussage oder des Gegenstandes (viṣaya) einer Textstelle, eventuelle Einwände oder Zweifel (saṃśaya), gegnerische Argumente (pūrvapakṣa), Untermauerung der eigenen Interpretation (uttarapakṣa oder siddhānta) und Verbinden der Ergebnisse mit anderen Textstellen (saṃgati). Da für die M. der Veda absolut und ewig ist, ist das Wort oder der Ton (śabda) ebenfalls ewig und wird bei einer Äußerung nur aus einem latenten Zustand in einen aktiven versetzt. Die M. lehrt einen Pluralismus der seelischen und materiellen Elemente. Wichtig für die Erlösung ist zwar die korrekte Durchführung der rituellen Gebote, jedoch ohne egoistische Ziele (kāmyakarma).
MD
LIT:
- E. Frauwallner: Materialien zur ltesten Erkenntnislehre der Karmamīmāṃsā. Wien 1968 H. v. Glasenapp: Die Philosophie der Inder. Stuttgart 1974. S. 142 ff
- M. Hiriyanna: Vom Wesen der indischen Philosophie. Mnchen 1990. S. 183 ff
- G. Jha: Pūrvamīmāṃsā in its Sources. Benares 1942
- A. B. Keith: The Karma-Mīmāṃsa. London 1921.