Makrokosmos/Mikrokosmos
(griech. große Welt, kleine Welt), Vorstellung einer Beziehung zwischen der Welt als Ganzheit und ihren Teilen; so bereits in der ionischen Naturphilosophie. Hingegen ist das Begriffspaar Ma./Mi. jünger und erst bei Aristoteles nachweisbar. Die stoische Idee des Menschen als Mi., der an den psychistischen Strukturen des Universums qua Ma. teilhat, zeigt sich bereits bei den Pythagoreern und wird von den Philosophen der Vorscholastik (Johannes Damascenus, Gregor dem Großen, Isidor von Sevilla, Joh. Scottus Eriugena u. a.) adaptiert. Bei Albertus Magnus und Thomas von Aquin ist der Mi. »Mensch« der Mittelpunkt der göttlichen Schöpfung. Im späten Neuplatonismus und mit der Hervorhebung der Seelenkräfte als weltleitende Prinzipien stehen Ma./Mi. synonym für eine mystische Kosmologie. In der Neuzeit setzt sich die Ma./Mi.-Vorstellung u. a. bei Nicolaus Cusanus, G. Pico della Mirandola und Paracelsus sowie in der deutschen Mystik mit J. Boehme fort. Zur Wahrung eines inneren und leitenden Prinzips der Natur und des Menschen wird das Begriffspaar bei Herder und Goethe und in der romantischen Naturphilosophie (u. a. Fr. Schlegel und Novalis) verwendet.
JM
LIT:
- G. P. Conger: Theories of Macrocosm and Microcosm in the History of Philosophy. New York 1922
- B. Kanitschneider: Philosophisch-historische Grundlagen der physikalischen Kosmologie. Stuttgart/Berlin/Kln/Mainz 1974
- A. Meyer: Wesen und Geschichte der Theorie von Mikrokosmos und Makrokosmos. In: Berner Studien zur Philosophie und ihrer Geschichte 25 (1900). S. 1122
- W. Windelband: Lehrbuch der Geschichte der Philosophie. Tbingen 1993. Bes. 29.