Phronesis
(griech. Klugheit). Bei Platon und Aristoteles bezeichnet der Begriff der Ph. die praktische Weisheit, d.h. das Wissen um das in ethischer Hinsicht Gute, Zuträgliche und Angemessene. Während der platonische Sokrates Tugend und Wissen identifiziert, differenziert Aristoteles verschiedene Tugenden, die für jeweils besondere Bereiche zuständig sind. Anders als Techne und Episteme befähigt uns die Ph. zu Handlungen, die das für uns, bezogen auf das gesamte Leben, Gute und Schlechte betreffen. Im Gegensatz zum auf das Allgemeine gerichtete Wissen (Episteme) hat es die Ph. mit dem einzelnen und Konkreten zu tun; sie führt zur Erkenntnis dessen, was hier und jetzt zu tun ist. Die Ph. steht in einem engen Zusammenhang mit den moralischen Tugenden. Bloße Klugheit im Sinne des geschickten und »cleveren« Umgangs mit den Lebenssituationen ist noch nicht Ph.; von Ph. spricht Aristotles nur im Kontext einer moralischen Lebensführung, sie betrifft die Erkenntnis des ethischen Richtigen.
ML
LIT:
- Aristoteles: Nikomachische Ethik, Buch VI
- P. Aubenque: La prudence chez Aristotle. Paris 1963
- H.-G. Gadamer: Praktisches Wissen. In: Gesammelte Werke Band 5. Tbingen 1985
- A. Kenny: Wisdom in Aristotles Ethics. In: Aristotelian Ethics. Oxford 1978.