Propositionalismus
allgemeine Bezeichnung für eine Reihe von sprachphilosophischen und erkenntnistheoretischen Theorien der Bedeutung, denen zum einen die Fragestellung gemeinsam ist: »Was wird in einem Satz gewusst, und wie konstituiert sich seine Bedeutung?«, zum anderen die Annahme, der Satz stelle den eigentlichen Bedeutungsträger dar. In der spätmittelalterlichen Philosophie stellt der P. eine Weiterführung der Untersuchungen der »proprietates terminorum« dar, d.h. die Terminusanalyse (d.i. die Frage: was bedeutet oder bezeichnet der unverknüpfte Terminus »a«?) wird zugunsten der Satzanalyse zurückgedrängt (d.i.: was bezeichnet oder bedeutet der Satz p bzw. der propositionale Ausdruck »dass p«?). Dabei werden zwei Definitionen von »propositio« zugrundegelegt: (a) der Satz als eine Zusammenstellung von Subjekt, Prädikat und Kopula – diese Definition führt zur Untersuchung der syntaktischen und semantischen Funktion der einzelnen Glieder, (b) der Satz als eine Rede, die Wahres oder Falsches bezeichnet – das führt zu einer Untersuchung der Bezeichnungsfunktion und des Bezeichneten. Der Schritt über die Analyse der Satzbedeutung hinaus zu einer Analyse des Inhalts von Wissensakten führt den P. zu erkenntnistheoretischen Fragen bzw. Fragen der epistemischen Logik, nämlich der Unterscheidung von Wissens- und Glaubensakten (d.i. den Fragen: »ich weiß, dass p« – »ich glaube, dass p«).
PP
LIT:
- D. Perler: Satztheorien. Texte zur Sprachphilosophie und Wissenschaftstheorie im 14. Jahrhundert. Darmstadt 1990. S. 30 ff.