Sophrosyne
(griech. Besonnenheit), zeichnet den selbstbeherrschten und maßvollen Menschen aus. Bei Platon ist sie eine der Kardinaltugenden und tritt zum einen als spezifische Tugend des begehrenden Seelenteils auf, der die Herrschaft der Vernunft anerkennt, zum anderen als die harmonische Ordnung der Seele insgesamt unter der Leitung der Vernunft und nähert sich somit der Bedeutung von Gerechtigkeit an. Der Dialog Charmides erwägt als Bestimmung der S. die Verbindung von reflexiver Selbsterkenntnis und Sacherkenntnis: »Denn wenn, wie wir anfänglich annahmen, der Besonnene wüßte, was er weiß und was er nicht weiß, das eine, daß er es weiß, und das andere, daß er es nicht weiß, und auch einen anderen, wie es eben hierin mit ihm steht, zu beurteilen imstande wäre, dann wäre es uns, das können wir behaupten, höchst nützlich, besonnen zu sein« (171d). Bei Aristoteles meint S. den erreichten Einklang von natürlichen Begehrungen und Vernunft, im Unterschied zur Beherrschtheit (enkrateia), die die Begierden lediglich unterdrückt.
FPB
LIT:
- H. North: Sophrosyne. Ithaca, N. Y. 1966.