Symbolischer Interaktionismus
Die von Mead entwickelte sozialpsychologische Theorie des S. I. geht davon aus, dass sich ein gesellschaftliches System nur durch die soziale Natur seiner Mitglieder beschreiben lässt. In dieser Annahme schließt sich Mead an den Organismusbegriff von Whitehead an. Die besondere Betonung kooperativer Aktivität und die kreative Bestimmung menschlicher Handlungsbeziehungen führt nach Meads Auffassung gerade nicht zur Gefährdung des Gesamtsystems, vielmehr etabliert sich über die Verhaltensantizipationen der voraussichtlichen Handlungsweisen anderer Mitglieder der Gesellschaft ein gemeinsamer Sinn von Welt. Mead zeigt auf, dass die Identität eines Ich sich erst in der Beziehung zu anderen Interaktionspartnern entwickeln kann. Soziales Handeln kommt dadurch zustande, dass interagierende Subjekte die Einstellung des jeweils anderen Interaktionspartners antizipieren und sich selbst aus dessen Perspektive wahrnehmen (»taking the role of the other«). Diese Übernahme der Einstellung anderer ist als ein Prozess der Selbst-Werdung zu begreifen. Die Person entwickelt durch die Internalisierung von Fremderwartungen ein Bild von sich selbst (»me«). Das »me« repräsentiert die Summe der Erwartungen des »generalized other«. Das »I« bezeichnet im Subjekt die Spontaneität des Ich, auf diese Verhaltenserwartungen in einer individuellen Weise zu reagieren. Beide Komponenten zusammen ergeben das »Selbst«. Die Übernahme der Rolle des anderen geschieht grundsätzlich im Interesse einer möglichen zukünftigen Handlungsrealisation.
PP
LIT:
- A. Eschbach: Pragmatische Semiotik und Handlungstheorie. In: Ch. W. Morris: Pragmatische Semiotik und Handlungstheorie. Hg. v.a. Eschbach. Frankfurt 1977. S. 11 ff
- H. Jonas: Praktische Intersubjektivitt. Frankfurt 1980
- Ders. (Hg.): Das Problem der Intersubjektivitt. Frankfurt 1985
- G. H. Mead: Geist, Identitt und Gesellschaft. Frankfurt 1973.