Totalität
bereits in Kants Kritik der reinen Vernunft auftauchender Begriff, der auf das Vermögen der Vernunft abzielte, um dem Verstand die Richtung auf höchste Einheit vorzuschreiben. Karriere hat der Begriff dann in Hegels Philosophie gemacht, etwa in der berühmten Bestimmung (Phänomenologie), wonach das Wahre das Ganze sei, das die Philosophie auf den spekulativen Begriff bringe. In den verschiedenen Hegelschulen (Rosenkranz auf der rechten, Ruge und Marx/Engels auf der linken Seite) hat die T. anhaltend Konjunktur und bezeichnet die systematische Erfassung dessen, was an der Zeit ist bzw. worin das Wesen von Geschichte u. Gesellschaft allererst zusammenläuft (z.B. Arbeit u. Bedürfnisbefriedigung; vgl. MEW Bd.3). Insbesondere der Neomarxismus begreift unter Rückgriff auf Hegel bzw. auf einen anthropologisch (Marcuse) oder ontologisch (Lukács) gewendeten Marx anhand der Totalität die Bewegungsgesetze u. den Prozesscharakter der gesellschaftlichen Realität. Selbst noch die »Negative Dialektik« der Frankfurter Schule bezieht sich kritisch auf den Totalitätsbegriff, wenn sie – mit Adorno – das Ganze als das ganz Falsche diskreditiert, um dagegen die Utopie des Ästhetischen einzuklagen.
WJ
LIT:
- P. Anderson: ber den westlichen Marxismus. Frankfurt 1978
- P. Grim: The Incomplete Universe. Cambridge/Mass. u. London 1991
- S. Rcker: Totalitt bei G. Lukcs und in nachfolgenden Diskussionen. Mnster 1975
- A. Tosel: Totalitt. In: Kritisches Wrterbuch des Marxismus. Hg. v. G. Labica. Hamburg 1988. Bd. 7. S. 1310 ff.