Agathon
(griech. das Gute), bezeichnet allgemein dasjenige, worin das Streben bzw. die Bestimmung eines Seienden zur Erfüllung kommt. Ontologisch bezieht sich A. auf die Seinsvollkommenheit eines Seienden, dem kein Mangel anhaftet; ethisch bildet es das Ziel, wonach alles strebt und um dessentwillen alles andere getan wird (Aristoteles: Eth. Nic. 1094 a3, 1097 a18). – Platon bestimmt ontologisch die »Idee des Guten« (Sonnengleichnis, Politeia 506b-509b) als den Urgrund des Seins (Ideen), die selbst noch jenseits des Seins steht und diesem seine Existenz und sein Wesen verleiht. Auf den sittlichen Bereich bezogen besteht das A. in der rechten Ordnung der Seele aufgrund der Herrschaft der Vernunft über die unvernünftigen Seelenteile. Im Philebos erörtert Platon die Frage, welchen Anteil die Vernunft und die Lust bei der Erlangung der Eudaimonie haben. Da weder ein Leben ohne Einsicht noch ohne Lust erstrebenswert erscheint, muss das gute Leben in der rechten Mischung beider bestehen. Dabei ergibt sich eine Hierarchie der erstrebenswerten Güter: an erster Stelle steht das Maßvolle, gefolgt von dem Schönen, der Vernunft, Wissenschaft und Kunst, schließlich der Lust (66 a ff.). – Aristoteles bestimmt in der Nikomachischen Ethik das Gute zunächst allgemein »als dasjenige, wonach alles strebt« (1094 a3). Da dieses Gute für jedes Seiende gemäß seiner Natur verschieden ist, gilt es, das Wesen des spezifisch menschlich Guten (anthropinon agathon) zu erkennen. Innerhalb der erstrebenswerten Ziele gibt es nun solche, die um etwas anderes willen und solche, die nur um ihrer selbst willen angestrebt werden. Das höchste, um seiner selbst willen erstrebte Gut für den Menschen ist die Eudaimonie (Glückseligkeit). Da diese das spezifisch menschliche Endziel darstellt, muss sie in einer dem Menschen wesensmäßig eigentümlichen Leistung liegen und dies ist die Betätigung seiner Vernunft. Das Gute zeigt sich so in der Tätigkeit der Seele gemäß ihrer besonderen Befähigung zur Vernunft (Eth. Nic. 1098 a7), d.h. der ihr zukommenden Tugend (Tauglichkeit, Arete). – Auch die Stoiker bezeichnen das Gute als dasjenige, was ein Vernunftwesen gemäß seiner Natur als Vernunftwesen vollendet (SVF III, 76), d.h. seine der Erkenntnis entspringenden Tugend. Bei Plotin nimmt das Gute den ontologischen Rang ein, der auch bei Platon der »Idee des Guten« zukommt: es ist das Überseiende, das Eine (hen), aus dem alles entspringt und auf das hin es strebend gerichtet ist.
FPB
LIT:
- H.-G. Gadamer: Die Idee des Guten zwischen Plato und Aristoteles. Heidelberg 1978.