Chaos
(philosophiegeschichtlich). Ch. (griechisch) bezeichnete bei Hesiod den gähnenden Abgrund des Weltbeginns. Bei Aristoteles wurde das Ch. begrifflich zum leeren Raum, dem abstrakten, ungeformten Urstoff des Kosmos. Die Stoiker charakterisierten das Ch. als formlos und ungeordnet, aber auch als sprühend und im Fluss befindlich. Im MA. verband sich der antike Begriff des Ch. mit dem biblischen »Tohuwabohu« und es entstand die auch heute noch volkstümliche Sichtweise des Ch. als wüstem Durcheinander der Dinge. In der Neuzeit ist der Begriff des Ch. gekennzeichnet durch sich gegenüberstehende, unvereinbare Charakterisierungen, zum einen als kreative Kraft (z.B. Schellings »metaphysische Einheit geistiger Potenzen«), zum anderen als negativ beladenes Konzept in der Gleichsetzung von Ch. und Anarchie in den politischen Theorien des 17. bis 19. Jh. Die neueste Begriffsvariante liegt in der naturwissenschaftlichen/Chaostheorie vor.
RH
LIT:
- Chaos. In: HWPh, Bd. 1
- Th. Kratzert: Die Entdeckung des Raums. Vom hesiodischen \(\chi {\alpha }^{^{\prime} }\text{os}\) [chaos] zur platonischen \(\chi {\omega }^{^{\prime} }\text{p}\alpha \) [chora]. Bochumer Studien zur Philosophie. Amsterdam/Philadelphia 1998.