Characteristica universalis
auch »lingua universalis«, Idee einer universalen Zeichensprache des Denkens, die im Rationalismus diskutiert wurde. Entwürfe von Wilkins, Jungius und Comenius regten Leibniz zur Entwicklung verschiedener Varianten einer solchen Zeichensprache an, die jedoch alle fragmentarisch geblieben sind. Die Ch. u. sollte nach dem Vorbild der Mathematik gebildet sein und auf einem Alphabet von Grundbegriffen beruhen; als Charaktere waren aber nicht nur Ziffern, sondern auch Buchstaben, Figuren oder Bilder zugelassen. Gegenüber der Vagheit und Mehrdeutigkeit natürlicher Sprachen sollte die Ch. u. ein-eindeutige Beziehungen zwischen Zeichen und Bezeichnetem und kalkülartige Ableitungsmechanismen besitzen. Von der Zeichensprache erwartete man sich eine Förderung der wissenschaftlichen Forschung, die Möglichkeit eines unmittelbaren und unverfälschten Gedankenausdrucks und damit auch positive Auswirkungen auf Ethik, Metaphysik und Theologie. Mit dem Projekt der Ch. u. ist auch die Suche nach einer Universalsprache der Menschheit und die Wiederentdeckung der adamitischen Ursprache (der »Sprache Adams«) verknüpft. Die Idee der C. u., nach einer Überschrift zu einem Leibniztext manchmal auch »characterica universalis«, wurde im späten 19. Jh. von Frege aufgegriffen und über Couturat auch von Russell weiterverfolgt (Logizismus).
VM
LIT:
- H. Cohen: On the Project of a Universal Character. In: Mind 1954. S. 4963
- Couturat: La logique de Leibniz aprs documents indits. Paris 1901
- G. W. Leibniz: Philosophische Schriften Bd. VII. Hg. C. J. Gerhardt. Berlin 1880
- J. Mittelstra: Neuzeit und Aufklrung. Berlin/New York 1970. 12.