Gleichheit
setzt im Unterschied zur mathematischnaturwissenschaftlichen Identitätsaussage einen Vergleich von Verschiedenem voraus. Als wertendes Abstrahieren von Ungleichem bestimmt sie das moralische, politische, rechtliche oder religiöse Verhältnis zwischen Individuen oder Gruppen. (1) Normativ bestimmte G. bezieht sich auf die Gleichwertigkeit aller Menschen und wird auf deren wesenhafte oder natürliche G. zurückgeführt. Die auf naturrechtlichen Grundsätzen basierende angeborene G. ist substantiell und damit unveräußerlich. (2) Formale G. besteht hinsichtlich der Verfahrensgerechtigkeit. (3) Materiale G. berücksichtigt die Verschiedenheit der Menschen und fordert als Chancen-G. den gleichen Zugang zu Möglichkeiten. (4) Proportionale G. richtet sich auf die Gerechtigkeit der Verhältnisse. Während sie geometrisch je nach Tugenden oder Fähigkeiten zuteilt, knüpft sie arithmetisch an der normativen G. an, indem sie durch Ausgleich versucht, das ethische Postulat der wesenhaften G. zu erfüllen. Das Prinzip der G. steht in einem Spannungsverhältnis von individueller Freiheit und solidarischer Gemeinschaft und enthält normative, materiale und proportionale Elemente.
JP
LIT:
- S. Gosepath: Gleiche Gerechtigkeit. Frankfurt 2004
- A. Krebs (Hg.): Gleichheit oder Gerechtigkeit. Frankfurt 2000
- Ch. Menke: Spiegelungen der Gleichheit. Frankfurt 2004
- H. Pauer-Studer: Autonom leben. Frankfurt 2000
- J. Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit. Frankfurt 1975
- D. E. Zimmer: Der Mythos der Gleichheit. Mnchen 1980.