Krieg
bezeichnete ursprünglich jeden Rechtsstreit, später, in verengender Gleichsetzung mit bellum, den gewaltsam ausgetragenen Rechtsstreit innerhalb einer von den Gegnern anerkannten Rechtsordnung. Das Christentum machte eine Rechtfertigungstheorie nötig, die K. nur anerkannte, wenn entweder eine Störung der Rechtsordnung (Augustinus) oder eine Bindung an einen gerechten Herrscher vorlag (Thomas von Aquin). Diese auf der klassischen Naturrechtslehre beruhende Begrenzung des K.es wurde durch die rücksichtslose Gewaltentfesselung der konfessionellen Bürgerkriege und die aus ihnen resultierende moderne Naturrechtslehre (Hobbes) erschüttert. In diesem neuen Typ des K.es zerfiel die gemeinsame Rechtsgrundlage, so dass der Feind verachtet und vernichtet werden konnte. Dieser entfesselte K. sollte durch das Machtmonopol des Staates als Garanten des inneren Friedens beseitigt werden und die gewaltsamen Auseinandersetzungen auf den zwischenstaatlichen Bereich beschränken. Die souveränen Staaten sahen infolgedessen ihre Aufgabe nicht mehr in der Rechtfertigung, sondern in der Regulierung des K.es. Gegen diese Konzeption wendet sich die Kritik der Aufklärung, die gerade im absolutistischen Staat die Ursache des K.es sieht und den Zusammenhang von innerem Frieden und zwischenstaatlichem K. ablehnt. Mit dem nicht nur legitimen, sondern nun auch pflichtgemäßen revolutionären Bürgerkrieg sollte die despotische Unterdrückung und damit die Ursache des K.es ausgeschaltet werden. Diese neue Form erreicht alle Bevölkerungsteile und Lebensbereiche und wird zum nationalen Ereignis. Hieran schließen sich sowohl der Nationalkrieg als auch der Klassenkampf als K. gegen politische und soziale Unterdrückung an. Die Nationalkriege entwickeln sich quantitativ zum Weltkrieg und qualitativ zum totalen K. Durch die nuklearen Vernichtungswaffen, die einen K. zur Ausrottung des Lebens eskalieren lassen, entsteht ein Traditionsbruch, da weder eine sinnvolle Regulierung noch Begründung möglich ist.
JP
LIT:
- H. Delbrck: Die Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Bd. 14. Berlin 19081920
- C. Schmitt: Der Momos der Erde im Vlkerrecht des Jus Publicum Europaeum. Berlin 1950, 31988
- J.L. Wallach: Kriegstheorien. Ihre Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert. Frankfurt 1972.