Paradigma
(griech. Beispiel), bezeichnet sprachwissenschaftlich (a) ein Deklinations- oder Konjugationsmuster, nach dem Wörter derselben Klasse flektiert werden (z.b. a-Konjugation im Lateinischen), oder (b) sprachliche Einheiten, die in einem gegebenen Kontext zur Wahl stehen (z.B. nass, trocken, feucht). Die klassische Rhetorik versteht unter einem P. eine als Beleg angeführte Figur für eine typische Begebenheit. In der klassischen Metaphysik steht P. für ein Urbild eines innerweltlich Seienden. – In der modernen Wissenschaftsphilosophie bezeichnet der P.-Begriff das mehr oder weniger bewusste Vorverständnis von einem wissenschaftlichen Gegenstand bzw. von der zur Anwendung kommenden Forschungsmethode. Ein P. bleibt nach T. S. Kuhn unangetastet und zumeist unreflektiert, bis Anomalien auftreten und »normale Wissenschaft« und deren herrschende P.ta durch neue Forschungsergebnisse relativiert werden. Kuhns wissenschaftshistorische Analysen zeigen aber, dass der Wechsel von P.ta keineswegs als rationaler, begründungsorientierter Prozess kontinuierlichen Erkenntnisfortschritts verläuft, sondern ein eher irrationaler Vorgang ist, der den Charakter eines Generations- und Glaubenskampfes annimmt.
AN
LIT:
- T. S. Kuhn: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Frankfurt 1967.