Poststrukturalismus
(auch Neostrukturalismus), Resultat der Reaktion auf die idealistischen Konsequenzen des klassischen Strukturalismus, ohne dessen Instrumentarium in summa preiszugeben. Seitens des P. wird sowohl die Vorstellung einer überhistorisch wirkenden, geschlossenen Struktur kritisiert, wie dessen Annahme eines strukturübergreifenden Zentrums. Die Idee eines Strukturzentrums entspringe selbst der differentiellen Anordnung der Signifikanten und könne daher nicht jenseits der Zeichensysteme gedacht werden. Unter Rückgriff auf Heidegger wird das Wissenschaftsverständnis des Strukturalismus als neuzeitliche Metaphysik abgelehnt. Die Vertreter des P. versuchen, dezentrale Strukturen ohne Zentrum zu denken. Von Nietzsche geprägt, macht sich der P. daran, strukturell wirkende Mechanismen der Macht in der Gesellschaft auf dem Gebiet der Sprache wie in Institutionen freizulegen und zu unterlaufen. Als Vorläufer des P. gelten Barthes Texttheorie, die beabsichtigt, den »faschistischen Charakter« der Sprache zu hintergehen, und Lacans Versuch eines »subversiven Diskurses« des Begehrens in der Psychoanalyse. Hauptvertreter des methodisch äußerst heterogenen P. sind Foucault, Deleuze, Derrida und Lyotard.
MR
LIT:
- M. Frank: Was ist Neostrukturalismus? Frankfurt 1983
- J. Habermas: Der philosophische Diskurs der Moderne. Frankfurt 1985
- G. Schiwy: Poststrukturalismus und Neue Philosophen. Reinbek 1985.