Recht
Normensystem, das das äußere Verhalten der Menschen regelt und das im Gegensatz zu anderen sozialen Normen mit Zwangsmaßnahmen durchgesetzt werden kann. R. erfordert daher (1) eine staatlich organisierte Macht, die als »Sanktions-, Organisationsund Exekutivgewalt« (Habermas) auf rechtlich geregelte Weise R. setzt und durchsetzt, und (2) eine der Wirksamkeit des R.s entgegenkommende prinzipielle Anerkennung des rechtlichen Normensystems durch die Normadressaten. Strittig ist die Frage nach dem Verhältnis zwischen R. und Moral: Während naturrechtlich orientierte Theorien die Übereinstimmung von R. und Moral postulieren (zuletzt Habermas), bestreitet der Rechtspositivismus (Kelsen, Hart, Luhmann) einen notwendigen Zusammenhang von moralischen und rechtlichen Normen. Positives R., das verfahrensgerecht zustandegekommen ist, ist demnach auch dann noch R., wenn sein Inhalt unverkennbar den Prinzipien der Gerechtigkeit zuwiderläuft. Die Legitimität des positiven R.s beruht damit nicht auf seiner materialen Gerechtigkeit, sondern allein auf der legitimierenden Kraft akzeptierter Rechtsetzungsverfahren (z.B. Luhmann). – Weitgehend unstrittig sind dagegen die Funktionen des R.s. Indem es äußeres Verhalten wirksam regelt und – ähnlich wie andere soziale Normen – Handlungen, Situationen und soziale Rollen typisiert, schafft es stabile Verhaltenserwartungen: Verhalten wird kalkulierbar, die Erfolgschancen von Handlungen werden vergrößert und ihr Risiko verkleinert. Neben Konfliktlösung und Konfliktvorbeugung gehören – insbesondere im Rechtsstaat – auch die Gewährleistung rechtlicher Gleichheit, die soziale Sicherung und die Freiheitssicherung als Schutz vor den Übergriffen anderer und als Schutz vor den Ansprüchen Staates zu den Funktionen des R.s (vgl. Kausch).
FG
LIT:
- R. Alexy: Begriff und Geltung des Rechts. Freiburg/Mnchen 2002
- S. Buckel (Hg.): Neue Theorien des Rechts. Stuttgart 2006
- R. Dreier: Der Begriff des Rechts. In: Ders.: Recht Staat Vernunft. Frankfurt 1991
- J. Habermas: Faktizitt und Geltung. Frankfurt 51997
- H. L. A. Hart: Der Begriff des Rechts. Frankfurt 1973
- N. Hoerster: Was ist Recht? Mnchen 2006
- A. Kaufmann/W. Hassemer (Hg.): Einfhrung in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart. Heidelberg 72004
- M. Kaufmann: Rechtsphilosophie. Freiburg/Mnchen 1996
- E. Kausch: Die gesellschaftlichen Funktionen des Rechts. In: D. Grimm (Hg.): Einfhrung in das Recht. Heidelberg 1985
- H. Kelsen: Reine Rechtslehre. Wien 21960
- N. Luhmann: Legitimation durch Verfahren. Frankfurt 31993
- Ders.: Das Recht der Gesellschaft. Frankfurt 42002
- K. Seelmann: Rechtsphilosophie. Mnchen 32004.