Schein
seit dem frühen MA. im Deutschen gebräuchliches Wort, das mehrere Bedeutungen hat: Zum einen verweist Sch. auf Leuchten, Strahlen von Gestirnen, auch in übertragenem Sinne für Ruhm, Glanz oder Schönheit; zum anderen meint Sch. die Bildhaftigkeit des Wirklichen, wobei dann Sch. einen Doppelcharakter zeigt: das Bild als Sichtbarmachung und Offenbarung einer Erscheinung, andererseits das Bild als Täuschung. In diesem Bedeutungsfeld hält sich die neuzeitliche Philosophie auf, wenn sie – ausgehend von Platons Höhlengleichnis, das die Welt der Erscheinungen als Schatten gegenüber der wahren Welt der Ideen ausweist – den Sch. bis hin zu den sog. »Scheinproblemen der Metaphysik« thematisiert. Die Perspektivenvielfalt reicht von idealistischen Positionen der strikten Zurückweisung des Sch.s bis zur nietzscheschen Deutung, wonach die scheinbare Welt noch die einzige überhaupt sei. Im Zusammenhang damit entsteht eine seit dem 18. Jh. heftig geführte Debatte um den ästhetischen Sch., der den spezifischen Modus des Kunstwerks meint und maßgeblich auf Schiller zurückgeht. Von weitreichender Bedeutung ist auch Hegels Feststellung aus seinen kunstphilosophischen Vorlesungen, dass der Sch. dem Wesen wesentlich sei und im Sch. der Kunst schließlich dieses Wesentliche, das das Geistige sei, hindurchscheine – eine Position, die im Anschluss an Hegel über diverse Spielarten des Marxismus bis weit ins 20. Jh. (u. a. Adorno, Bloch, Lukács, Marcuse) hineinreicht und erst im Zuge einer Diskussion um die »Ästhetik der elektronischen Medien« mehr und mehr in den Hintergrund gerät.
WJ
LIT:
- N. Bolz: Eine kurze Geschichte des Scheins. Mnchen 1991
- W. Henckmann: Schein. In: W. Henckmann/K. Lotter (Hg.): Lexikon der sthetik. Mnchen 1992. S. 211 f
- W. Oelmller (Hg.): sthetischer Schein. Kolloquium Kunst und Philosophie 2. Paderborn 1982
- F. Rtzer (Hg.): Digitaler Schein. sthetik der elektronischen Medien. Frankfurt 1991
- G. Santel/P. Rohs/D. Liebsch: Schein. In: HWPh. VIII (1992). Sp. 12301243.