Vertrauensvorschuss,Prinzip des
In Bezug auf die in der sprachanalytischen Diskussion entwickelte Theorie der Referenz bzw. Theorie der Kennzeichnung formuliert Putnam neben dem Prinzip der vernünftigen Unwissenheit das Prinzip des V.es Es geht davon aus, dass die Bedeutung eines Wortes bzw. dessen Gebrauch kausal mit der Situation verbunden ist, in der das Wort eingeführt wurde. Eine solche Einführungssituation stiftet eine Verbindung zwischen dem Wort und der Entität, worauf es referiert. Das Prinzip besagt, man solle annehmen, dass ein Sprecher, der ein solches Wort eingeführt hat, selbst dann auf diesen Gegenstand referiert, wenn seine Beschreibung (d.i. die Liste der Kennzeichnungen) dieses Gegenstandes nicht ganz zutreffend ist. Der V. beinhaltet die Unterstellung, der Sprecher würde eine vernünftige Modifikation seiner Liste der Kennzeichnungen akzeptieren. Putnam bezeichnet es als methodologisches Prinzip mit einem deskriptiven und einem normativen Gehalt. Der deskriptive Gehalt zeigt sich in der Annahme, dass wir alle den V. für uns reklamieren, wenn wir diejenigen wären, die einen bezeichnenden Ausdruck einführen (d.i. die sachkundig »Taufenden«) – also beschreibt das Prinzip Intentionen, die wirklich existieren und die von der sprachlichen Gemeinschaft meist berücksichtigt werden. Der normative Gehalt verweist auf die Konsequenzen: Wir sollten das Prinzip berücksichtigen, denn andernfalls wäre eine stabile Referenz auf theoretische Entitäten unmöglich. Das Prinzip des V. wird untermauert durch das Prinzip der sprachlichen Arbeitsteilung. Es besagt, dass die Referenz eines Ausdrucks nicht allein durch das Wissen eines einzelnen Sprechers bestimmt wird. Man gesteht bestimmten Experten aus der Sprachgemeinschaft eine Autorität zu und lässt sie entscheiden, was als Elektron oder was als Gold zählen soll. Der »Experte«, dessen Gebrauch des Wortes bestimmt, worauf andere Personen referieren, wenn sie einen Terminus verwenden, könnte (muss aber nicht) die Person sein, die den Terminus ursprünglich eingeführt hat. Unwissenheit, Prinzip der vernünftigen; Kennzeichnung.
PP
LIT:
- H. Putnam: Sprache und Wirklichkeit. In: Von einem realistischen Standpunkt. Reinbek 1993. S. 54 ff.