Yoga
(sanskrit: Anschirrung, Anspannung). Die Philosophie des Y. lehnt sich in vieler Hinsicht an die des Sāṃkhya an, mit dem er nach traditioneller indischer Aufteilung der indischen Systeme zusammengefasst wird, hat aber auch viele Gemeinsamkeiten mit dem Buddhismus. Tatsächlich ergänzen sich Y. und Sāṃkhya, da das Sāṃkhya ein logisches Denksystem bietet, während es dem Y. v.a. um die Praxis der zur Erkenntnis und Erlösung (Mokṣa) führenden Versenkung geht, auf einen philosophischen Überbau jedoch nicht verzichten konnte. Der Begriff des Y. in seiner philosophisch-systematischen Bedeutung kommt in der indischen Literatur schon ab den Upaniṣaden vor, die Anfänge des Y. reichen jedoch wahrscheinlich viel weiter zurück, in die Zeit des Veda oder gar in die vorarische Periode der Induskultur (3. Jh. v.Chr.). Der klassische Y. erschließt sich durch die Y.-Sūtras des Patañjali und durch den Kommentar (Bhaṣya) des Vyāsa (ca. 600 n.Chr.). Wie im Sāṃkhya stehen sich im Y. die Puruṣas als geistiges und die Prakṛti als materielles Prinzip gegenüber (Y.-Sūtra 2.21.), aber im Unterschied zu dessen drei psychischen Prinzipien gibt es im Y. nur ein psychisches Organ, das citta, das aus den drei Guṇas besteht und mit dem der Puruṣa erkennt. Ziel des Y. ist das Aufheben des Denkens (Y.- Sūtra 1.2.), das auf einem Stufenweg der acht Glieder des Y. (yogāṅga) erreicht wird (Y.-Sūtra 2.29.ff.): »Die Selbstbezwingung (yama), die Zurückhaltung (niyama), das Sitzen (āsana), die Unterdrückung des Atems (prāṇāyama), das Zurückziehen (der Sinne von den Objekten = pratyāhāra), das Zurückhalten (des Denkens = dhāraṇa), die Meditation und die Versenkung (dhyāna, samādhi)« (vgl. Mehlig, S. 539). Im Gegensatz zum Sāṃkhya lehrt Patañjalis System die Existenz eines Gottes (Īśvara, Y.-Sūtra 1.23.ff.), der ein Puruṣa höchster Vollkommenheit ist; für den Y. stellt die hingebungsvolle Verehrung (Bhakti) dieses Gottes eine weitere Möglichkeit dar, die Erlösung zu erreichen. Da der Y. sich v.a. als praktische Anleitung zur Erlangung der Erlösung versteht, konnte er sich mit vielen verschiedenen philosophischen und religiösen Strömungen verbinden (Mantra-Y., Haṭha-Y., Laya-Y.)
MD
LIT:
- M. Eliade: Yoga. Frankfurt 1985
- E. Frauwallner: Geschichte der indischen Philosophie. Bd. 1. Salzburg 1953. S. 408 ff
- J. W. Hauer: Der Yoga. Ein indischer Weg zum Selbst. Stuttgart 1983
- J. Mehlig: Weisheit des alten Indien. Bd. 1. Mnchen 1987. S. 531 ff. (bersetzung) G. Oberhammer: Strukturen yogischer Meditation. Wien 1977
- J. Varenne: Yoga and the Hindu Tradition. Delhi 1989.