Ethos
Der Begriff hat zwei Bedeutungen, die im Griechischen noch durch unterschiedliche Schreibweisen festgehalten sind: (a) Ethos (mit Epsilon) bedeutet Gewohnheit, Sitte, Brauch, d.h. wer durch Erziehung die Gewohnheit erworben hat, sein Handeln an den sittlichen Maßstäben des Stadtstaates (polis) auszurichten, handelt ethisch. (b) Ethos (mit Eta) bedeutet Grundhaltung der Tugend, Charakter, d.h. dass ein solches Handeln nicht einfach den allgemeinen Wertmaßstäben folgt, sondern es sich zur Gewohnheit macht, aus eigener Einsicht und Überlegung das geforderte Gute zu tun. Das E. ist gleichzusetzen mit einer konkreten Lebensform, die die Grundlage und den Rahmen dafür abgibt, in dem der Mensch sich handelnd verwirklichen kann. Insofern ist unter E. ein Gesamt von normativen Handlungsmustern zu verstehen, die dem Verständnis der sozialen Wirklichkeit entspricht und die in institutionellen Regeln (Herrschaftsformen, Eigentums- und Rechtsstrukturen, sozialen Formen wie bspw. Familie) ihren Niederschlag finden.
PP
LIT:
- Aristoteles: Nikomachische Ethik 11, 12; 1103 a 23-b 28
- A. Pieper: Herkunft und Bedeutung des Wortes Ethik. In: Dies.: Einfhrung in die Ethik. Tbingen 21991. S. 24 ff
- W. Weischedel: Skeptische Ethik. Frankfurt 1997.