Hermeneutischer Zirkel
entsteht aus der textexegetischen Lehre und ihrer zirkulären Methode. Um einen Text zu verstehen, muss der Interpret auf das Ganze hinschauen, andererseits darf er zum Ganzen nur durch das Verstehen des Einzelnen gelangen. Zirkelhafte Struktur hatte auch die auf der Psychologie des Autors beruhende Interpretation, denn jedes Gedankengebilde sei in einen Lebenszusammenhang eingebettet. Später wird bei Heidegger der h. Z. als wesentlich für das Verstehen betrachtet und darüber hinaus ontologisch in der Analytik des Daseins geortet. Für das Dasein, das als Verstehen ›ist‹ und sich in der Auslegung dem Sinn des Seins öffnet, gilt »ursprünglich und ganz in diesen ›Kreis‹ zu springen« (Sein und Zeit § 63). In der Hermeneutik Gadamers wird wiederum der methodologische Einwand gegen den h. Z. bestritten, wobei die existentiellen Motive zugunsten eines durch die Rehabilitierung von Tradition und Autorität erlangten geistesgeschichtlichen Wahrheitsbegriffes ausgeblendet werden.
MBO
LIT:
- H. G. Gadamer: Wahrheit und Methode. Tbingen 31972
- M. Heidegger: Sein und Zeit. Tbingen 171993.