Kreatur
bezeichnet das einzelne Geschöpf oder auch die Schöpfung insgesamt als in freier Tat vom Schöpfer gesetzt. Die K. ist weder Ausfluss aus Gott noch mit ihm substantiell identisch und keine Erscheinungsform Gottes, sondern in eigene Selbständigkeit entlassen. Ihrer gesamten Wirklichkeit nach verdankt sich die K. der Seinsmitteilung durch den Schöpfer und ist von sich aus nichts. In diesem Punkt unterscheidet sich der im Anschluss an die Bibel entwickelte Schöpfungsgedanke von den meisten übrigen Schöpfungsmythen, denen gemäß der Schöpfer eine zu formende Materie, ein Urchaos oder eine Urflut voraussetzt. Gott erkennt sich als Urbild unendlich vieler möglicher K.en, gelangt so zu den Ideen und verwirklicht sie, indem er ihnen Sein mitteilt, so lange sie existieren. Daher ist der Schöpfer »tief und innerlich« (Thomas v. Aquin: S. th. I, 8, 1) in jeder K. gegenwärtig. Er erhebt sie auch zu einer gewissen Ähnlichkeit mit sich selbst, weil sie auf die verschiedenste Weise das göttliche Sein nachahmt. So ist die K., gegenüber verbreiteten Missverständnissen, obwohl ein schöpferisch Neues, zugleich in Gott und er in ihr. Als Motiv zur Schöpfung gilt die Selbsterkenntnis und -bejahung Gottes sowie seine Freude an der Gutheit und Schönheit eines Seins, das sich im Sein der K. widerspiegelt. Von daher geschieht die Schöpfung selbstlos und ohne Eigeninteresse.
GS
LIT:
- H.- E. Hengstenberg: Das Band zwischen Gott und Schpfung. Frankfurt u.a. 31991
- G. Scherer: Welt Natur oder Schpfung? Darmstadt 1990.