Mathesis universalis
(griech.-lat.: universale Wissenschaft). Ausgehend von den verschiedenen mathematischen Disziplinen und Fächern im 16. Jh. entwickelte sich die Idee einer einheitlichen formalen Universalwissenschaft, die alle abstrakten und konkreten Quantitäten umfassen und die logische und mathematische Grundlage aller anderen Wissenschaften und Disziplinen sein sollte. Bereits A. Piccolomini und Ramus sprechen von einer »scientia communis« bzw. »communis mathematica«, doch taucht der Begriff M.u. erstmalig bei Adrianus Romanus (Apologia pro Archimede, 1597) auf. Sie stellt eine reine, intelligible Mathematik dar und wird deshalb auch »prima mathematica« oder »prima mathesis« genannt. Der Enzyklopädist Alsted bezeichnet die M.u. zutreffenderweise als Wissenschaft der Quantität im Allgemeinen und auch Descartes versteht sie als allgemeine Mathematik der Relationen und Proportionen. Bei Leibniz werden M.u. und »logica mathematicorum« zum Teil synonym verwendet. Als metawissenschaftliche Lehre bzw. mathematisch-philosophische Wissenschaft findet sie sich in methodischen Systemen in der gesamten Philosophiegeschichte u.a. bei Wolff und Husserl.
JM
LIT:
- H. W. Arndt: Methodo scientifica pertractatum. Mos geometricus und Kalklbegriff in der philosophischen Theorienbildung des 17. und 18. Jh. Berlin 1971
- G. Crapulli: Mathesis universalis. Genesi di unidea nel XVI secolo. In: Lessico intelletuale europeo 2 (1969)
- J. Mittelstra: Die Idee einer Mathesis universalis bei Descartes. In: Perspektiven der Philosophie. Neues Jb. 4 (1978)
- H. Scholz: Mathesis universalis. Abhandlungen zur Philosophie als strenger Wissenschaft. Darmstadt 1961.