Selbstbesinnung
tritt als Begriff vornehmlich in der Philosophie des späten 19. und des 20. Jh. auf, und zwar zum einen in der Erkenntnistheorie und -psychologie sowie in der Logik, zum anderen in der Anthropologie, Ethik und Lebensphilosophie. S. hat damit zwei grundsätzliche Bedeutungen: (1) Sie ist Reflexion auf die Vollzugsakte des Denkens und eine grundlegende wissenschaftliche Methode der Erkenntnisgewinnung. (2) Sie ist der lebensweltlichen Orientierung dienende Bewusstmachung der eigenen Lebenssituation und Besinnung des Menschen auf sich selbst in seinen verschiedenen Bezügen, Lebensbereichen und Wertsystemen. Eine zentrale Stellung hat der Begriff S. in der Philosophie des Lebens und der Grundlegung und Theorie der Geisteswissenschaften Diltheys. Hier sind beide Bedeutungsaspekte eng verzahnt. Im 20. Jh. bleibt S. philosophisch bedeutsam, besonders innerhalb der Dilthey-Schule (B. Groethuysen, G. Misch), der Phänomenologie Husserls und der an die Philosophien Diltheys und Heideggers anknüpfenden philosophischen Hermeneutik, die v.a. den Zusammenhang von wissenschaftlicher und philosophischer bzw. historischer S. thematisiert. Daneben ist die S., indem sie den Zusammenhang des eigenen Lebens reflektiert und strukturiert, ein wichtiges Motiv der Autobiographie.
GKB
LIT:
- G. Khne-Bertram: Artikel Selbstbesinnung II. In: HWPh 9 (1995)
- Th. Litt: Die Selbsterkenntnis des Menschen. Hamburg 21948
- G. Pfafferott: Die Bedeutung des Begriffs Selbstbesinnung bei Dilthey und Husserl. In: E. W. Orth (Hg.): Dilthey und die Philosophie der Gegenwart. Freiburg/Mnchen 1985. S. 351380.