Topik
Methode der Auffindung von Argumenten. Ihre erste, grundlegende Ausarbeitung geht auf Aristoteles zurück: T. gilt ihm als ein Verfahren, »über jedes vorliegende Problem aufgrund der geltenden Meinung zu einem schlüssigen Urteil zu kommen« (Topica 100a). Damit gehört die T. zum Instrumentarium von Dialektik und Rhetorik, deren Aufgabe im Begründen oder Widerlegen einer unter den Beteiligten einer Redesituation zweifelhaften Behauptung oder umstrittenen Entscheidung liegt; Problemlösung und Interessendurchsetzung rekurrieren hier auf den Fundus der gemeinsamen Ansichten, auf ein vorläufiges Einverständnis, das strategisch aktualisiert wird, um zu plausiblen und damit konsensfähigen Folgerungen zu kommen. Weil Reflexion oder Argumentation ihre Prämissen hier nicht einem gesicherten Wissen sondern bloß der geteilten Meinung entnehmen, können ihre Folgerungen zwar auch nicht wahr, aber doch wahrscheinlich sein. Dabei versichert sich die T. der gesellschaftlichen Geltung und ermöglicht die inhaltliche Fülle der Gesichtspunkte; sie garantiert eine Rationalität außerhalb aller Wissenschaft, die philosophisch gerade dort relevant wird, wo es Fachkompetenzen in ihren Gegenständen und Grundsätzen erst zu definieren gilt oder dort, wo es sichere Erkenntnis und zwingende Beweise nicht geben kann: im Bereich menschlicher Praxis. Die T. expliziert dafür die in der alltäglichen Kommunikation, in Sprache und Kultur latent vorhanden Potentiale des Verstehens und Bewertens, indem sie sie als Topoi (Topos) benennt. Neben dieser formalen heuristischen T. steht, erstmals ausgeführt bei Cicero, eine amplifikatorische materiale T., die nicht offene Suchkategorien sondern bereits vorgeformte Redeelemente bereitstellt. – Im 20. Jh. ist die rhetorische T., angeregt durch den literaturwissenschaftlichen Ansatz einer »historischen Topik« von Curtius, von verschiedenen Disziplinen wiederentdeckt worden, besonders von der Soziologie (Kesting, Negt) und der Jurisprudenz (Viehweg).
BKO
LIT: