Akzidens,akzidentell
(lat. accido: sich ereignen, zubzw. niederfallen), das Nicht-Notwendige, Zufällige im Gegensatz zum Wesentlich-Substantiellen. Der Begriff geht auf das aristotelische kata symbebekos zurück. Die entschiedene Antithese von A. (kata symbebekos) und Wesen/Substanz (ousia, kat’auto) steht im Zentrum der aristotelischen Philosophie: So ist es beispielsweise dem Menschen wesentlich vernünftig, aber nur a., etwa blond, krank oder musisch zu sein. Es sind verschiedene Bedeutungsebenen zu unterscheiden: (1) Im logischen (für die Begriffsgeschichte primären, weil gegen die sophistischen Fehlschlüsse gewandten) Sinn ist a. das von etwas nicht notwendig zur Definition gehörende Ausgesagte. Die verschiedenen sprachlichen Bedeutungen des A.en sind bei Aristoteles in der Kategorienschrift (als Lage, Habitus, Quantität, Qualität, etc.) systematisiert. – (2) Im ontologischen Sinne ist mit a. das zufällige, nicht notwendige (an) einer Sache gemeint, das im Unterschied zu seinem So-Sein (Form) wandel-, austauschbar (z.B.: krank/gesund) und vergänglich ist. Das A.e korrespondiert hier zugleich mit dem Materiellen. In seiner wesentlichen Bestimmung des An-der-Ousia-Haftens liegt bei allem Seiendem stets eine notwendige Zweierkette von Substanz und Akzidenz vor. – (3) Die epistemologisch-erkenntniskritische Absicht des Begriffes ist von Aristoteles in De anima und An. p. zwar entwickelt (die Wahrnehmung erkennt nur Akzidentelles als Besonderes, der Verstand die Definition als Allgemeines ), aber in ihrer vollen Relevanz erst in Folge der scholastischen Aristotelesrezeption durch Thomas und Duns Scotus herausgehoben. Thomas (S.Th. I 3.4) unternimmt eine weite Ausdifferenzierung (etwa in a. commune und a. a proprium). Wesentlich bei Scotus ist die Unterscheidung zwischen Nominal- und Real-A. – (4) In einem weiteren theologischen Kontext, etwa bei Leibniz (Theodizee. S. 329 ff.), wird alles außer Gott als a. bezeichnet.
MFM
LIT:
- K. Brthlein: Die Entstehung der aristotelischen Substanz-Akzidenz-Lehre. In: Archiv fr Geschichte der Philosophie 50 (1968)
- T. Nisters: Akzidentien der Praxis. Freiburg 1992.