Diktatur
die uneingeschränkte Herrschaft einer Person (Autokratie) oder Gruppe (Oligarchie) im Staat. Die Verfassung der antiken römischen Republik kannte das Amt des Diktators (lat. dictator: Sprecher) als ein zeitlich befristetes Ausnahmeregime zur Überwindung innerer und äußerer Krisen. Die Umwandlung dieses Verfassungsamtes in eine verfassungswidrige, zeitlich, rechtlich und institutionell unbeschränkt ausgeübte Form der Herrschaft in der römischen Kaiserzeit gab auch dem Begriff seine heutige Bedeutung. Eine D. im modernen Sinn ist ein zentralistisch regierter Staat, der durch Militär, Polizei und Bürokratie eine weitgehende Kontrolle über die Gesellschaft ausübt, ohne selbst der Kontrolle durch die Bürger zu unterliegen, der politische Willensbildung, etwa im Rahmen einer unabhängigen publizistischen Öffentlichkeit, und Partizipation, z.B. über pluralistische Parteien und Wahlen, unterbindet. Nach dem Grad, in dem legale Legitimationen (z.B. über Notstandsgesetzgebungen), eine relative Rechtssicherheit und eine von staatlichen Eingriffen freie individuelle Lebenssphäre erhalten bleiben, werden autoritäre von totalitären D.en unterschieden. Die marxistische Theorie geht davon aus, dass die revolutionäre Umwandlung der kapitalistischen in eine kommunistische Gesellschaft nur über das Zwischenstadium einer »D. des Proletariats«, bei der sich die gesamte Staatsgewalt in den Händen der Arbeiterklasse befindet, »auf rationellste und humanste Weise« (MEW 17, S. 545) vollzogen werden kann.
WST
LIT:
- F. Neumann: Demokratischer und autoritrer Staat. Frankfurt/Wien 1967.