Höhlengleichnis
das dritte Gleichnis, nach dem Sonnen- und Liniengleichnis, mit dem Platon im Staat (514a-517a) seine Ideenlehre zu veranschaulichen sucht. Das H. beschreibt die Situation von Menschen, die in einer Höhle angekettet sind und nur die Schatten von künstlichen Gegenständen sehen können, die von einem Feuer an die Höhlenwand geworfen werden. Diese werden von ihnen für die erkennbare Wirklichkeit gehalten. Die Befreiung des Menschen von diesem Scheinwissen und den Aufstieg zur Seinserkenntnis beschreibt Platon als den Weg aus der Höhle hinaus über die Stufen des Erkennbarwerdens der künstlichen Gegenstände, des Feuers, der Spiegelungen natürlicher Dinge außerhalb der Höhle, der natürlichen Dinge selbst und schließlich der Sonne. Diese Stufenbereiche fassen das Sonnen- und Liniengleichnis zusammen, indem sie Erkenntnisgegenstände und -grund in einem Bild vereinigen und um eine Gleichnisebene transponieren. So entsprechen Schatten und künstliche Gegenstände in der Höhle den ontologischen und epistemischen Bereichen der Spiegelungen und empirischen Gegenständen aus dem Liniengleichnis, die Spiegelungen und realen Dinge außerhalb der Höhle entsprechen den mathematischen Gegenständen und den Ideen. Das Feuer nimmt den Platz der Sonne, die Sonne den der Idee des Guten aus dem Sonnengleichnis ein. Platon beschreibt den stufenweisen Aufstieg der Erkenntnis als einen mühevollen Vorgang, der eine Umwendung der gesamten Erkenntnishaltung und eine Formung des ganzen Menschen erfordert. Das H. wurde vor allem auch in seiner Bedeutung für den Bildungsgedanken interpretiert, der von einem aktiven Prozess des Lernenden selber ausgeht, gleichwohl aber die Notwendigkeit des Anstoßes durch den Lehrer betont (Mäeutik).
FPB
LIT:
- Th. Ballauff: Die Idee der Paideia. Meisenheim 1952
- W. Jaeger: Paideia III. Berlin 31959.