Induktion
stellt eine Methode dar, die es erlaubt, von beobachteten Einzelfällen zu allgemeinen Gesetzen aufzusteigen, d.h. ein Freilegen des Allgemeinen im Besonderen (Aristoteles). In der modernen Wissenschaftstheorie stellt I. eine Form von Schlüssen dar, in der aus einer Anzahl singulärer Aussagen über einen Gegenstandsbereich (Prämissen) eine allgemeine Aussage desselben Gegenstandsbereichs (Konklusion) abgeleitet wird, ohne dass die Folgerung sich logisch notwendig ergäbe (wie es bei der Deduktion der Fall ist). (1) Von einer unvollständigen I. spricht man, wenn die induktiv gewonnene Konklusion über die Prämissen hinausgeht: (a) Wenn für alle Elemente einer Teilmenge eine bestimmte Eigenschaft als zutreffend festgestellt wird, dann wird daraus geschlossen, dass diese Eigenschaft für alle Elemente der Gesamtmenge ebenfalls zutrifft (induktive Verallgemeinerung); (b) wenn sämtliche beobachteten Phänomene einer gegebenen Art eine bestimmte Eigenschaft haben, dann wird daraus geschlossen, dass alle, d.h. auch die noch nicht beobachteten Phänomene dieser Art, diese Eigenschaft haben (voraussagende I.), z.B. aus den bisherigen Beobachtungen von Schwänen wird geschlossen, dass über den Kreis der beobachteten hinaus alle Schwäne weiß sind. (2)Die eliminative I., die sich an Mills Methode der Übereinstimmung und des Unterschieds anlehnt, legt das Augenmerk darauf, welche Eigenschaften in den Prämissen genannt werden, in der Konklusion aber nicht mehr. Dies ermöglicht das Ausscheiden unhaltbarer Prämissen bzw. den Nachweis der wahrscheinlichen Gültigkeit einer Prämisse (z.B. die Faktoren, die bei Körpermissbildungen von Neugeborenen immer genannt werden können, im Gegensatz zu anderen bloß zufälligen Faktoren, die bestenfalls nur für den Einzelfall von Belang sind). Die eliminative I. dient eher einer systematischen Ermittlung der richtigen Prämissen für die Allaussagen. – Die I. wird als eine Methode, um wissenschaftliche Hypothesen zu entdecken oder Hypothesen zu überprüfen, verstanden (Induktivismus). Als Entdeckungsmethode ist sie nicht unumstritten, da theoretische Sätze auch nichtbeobachtbare Aussagenelemente enthalten. Die Rechtfertigung der Geltung von induktiven Schlüssen führt zu Schwierigkeiten, die als Induktionsproblem thematisiert werden.
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LIT:
- W. K. Essler: Induktive Logik. Freiburg/Mnchen 1970
- J. St. Mill: System der deduktiven und induktiven Logik I-III. In: Gesammelte Werke. Aalen 1968
- N. Rescher: Induktion. Zur Rechtfertigung des induktiven Schlieens. Mnchen/Wien 1987
- W. Stegmller: Das Problem der Induktion. In: H. Lenk (Hg.): Neue Aspekte der Wissenschaftstheorie. Braunschweig 1971. S. 1374.