Legitimationstheorie,politische
der umfassende Versuch, eine Legitimation für den Bereich des Politischen, insbesondere eine materiale Rechtfertigung der Ordnungsmodelle Staat, Macht, Herrschaft, politisches System und politische Kultur zu geben. Die politische L. strebt öffentliche Normenbegründungen für die Ziele, Zwecke und Werte der Politik und die Formen ihrer Verwirklichung an, um Entscheidungskriterien zur Konfliktlösung zwischen konkurrierenden Zweckverbänden auf der Grundlage von konsensfähigen Rechtfertigungen hervorbringen zu können. Dies ist die Bedingung der Möglichkeit von friedlicher Konfliktregulation und damit die Voraussetzung für ein soziales Zusammenleben. Stand zunächst die Staatslehre im Mittelpunkt der politischen L., so tritt seit der Moderne eine globale Theorie des politischen Systems in den Vordergrund, die neben einer künstlerischen Revolte gegen den Rationalismus der Wissenschaft (sog. »Postmodernes« Denken) zu einer Theorie der Selbstorganisation von Systemen geführt hat. Die unterschiedlichen Legitimationsquellen wie Gott, Freiheit, Gleichheit, Sicherheit, Frieden, Besitz, Tradition, die Natur des Menschen usw. führen zu verschiedenen Ordnungsmodellen und Ansätzen politischer L.n. Ihre materiale Rechtfertigung kann auf verschiedene Weise begründet werden: theologisch-dogmatisch (Augustinus, C. Schmitt), anthropologisch (Aristoteles, Gehlen), ökonomisch-sozialpolitisch (Marx), institutionell (Montesquieu), naturrechtlich (Locke), vertragstheoretisch (Hobbes), sozialpsychologisch (M. Weber), machttheoretisch (Foucault), systemtheoretisch (Luhmann), gesellschaftstheoretisch (Habermas), ökologisch (Jonas) usw. Eine Ablehnung der politischen L. findet sich sowohl im Anarchismus als auch in der auf Unübersichtlichkeit der komplexen Realität des Politischen rekurrierenden Chaostheorie.
JP
LIT:
- K. v. Beyme: Theorie der Politik im 20. Jahrhundert. Frankfurt 1991
- O. Hffe (Hg.): Der Mensch ein politisches Tier? Stuttgart 1992
- A. Honneth: Kritik der Macht. Frankfurt 1985
- D. Sternberger: Herrschaft und Vereinbarung. Frankfurt 1980
- Ders.: Staatsfreundschaft. Frankfurt 1980.