Russell’sche Antinomie
(nach B. Russell), syntaktische Antinomie. (1) Mengentheoretische Fassung: Wir nennen eine Menge normal, wenn sie sich nicht selbst als Element enthält. Fragen wir uns, ob die Menge N aller normaler Mengen normal ist oder nicht, so verstricken wir uns in Widersprüche. Nimmt man an, N sei selbst normal, so muss N sich selbst als Element enthalten (weil N alle normalen Mengen enthält), ist also nicht normal (weil N sich selbst als Element enthielte). Nimmt man an, N sei nicht normal, so bedeutet das, N enthält sich selbst als Element; da N aber nur normale Mengen enthält, müsste N dann normal sein. (2) Logische Fassung: Ein Prädikat heiße autonomisch, wenn es von sich selbst ausgesagt werden kann, ansonsten heiße es heteronomisch. In diesem Sinne ist das Prädikat rot heteronomisch, abstrakt aber ist selbst abstrakt, also autonomisch. Fragen wir uns, ob das Prädikat heteronomisch autonomisch oder heteronomisch ist, so verstricken wir uns in Widersprüche. Nehmen wir an, heteronomisch sei heteronomisch. Dann kann es von sich selbst ausgesagt werden, also ist es autonomisch. Nehmen wir an, heteronomisch sei autonomisch. Dann kann es von sich ausgesagt werden, also ist heteronomisch heteronomisch. – Die R. A. brachte Freges System und damit dessen Versuch einer logischen Grundlegung der Arithmetik zu Fall (Logizismus). Eine scherzhafte Form dieser A. ist der Dorfbarbier.
VP
LIT:
- G. Frege: Die Grundgesetze der Arithmetik. Bd. 2. Nachdr. Darmstadt 1962. S. 253265.