Scholastik
(griech. schole: Muße). Zu ihr gehört in Anlehnung an den Theoriebegriff des Aristoteles eine von den Problemen der Selbsterhaltung und Lebensdienlichkeit freigesetzte Erforschung der Wahrheit. Von daher bezeichnet man als Schule den Ort, an dem man sich zu dieser freien Forschung versammelt. Die Sch. entwickelt sich seit dem 12. Jh. und erreicht im 13. Jh. ihren Höhepunkt. Nach einem Erstarrungsprozess verliert sie seit der zweiten Hälfte des 14. Jh. ihre führende Stellung. Fortsetzungen gab es in der spanischen Sch. des 16. Jh. und der Neuscholastik im 19. Jh. Nicht die gesamte Philosophie des Mittelalters ist als Sch. zu bezeichnen. Man würde damit ihrer Vielfalt nicht gerecht. Auch der Versuch, sie vom Problem der Synthese zwischen Vernunft und Glaube her zu definieren, bleibt unbefriedigend. Denn nicht alle Scholastiker hatten dieses Ziel. Sch. bezeichnet vielmehr das Wissensschaftsverständnis und den Rationalitätstyp der genannten Zeit. Sie entwickelten sich in enger Verbindung mit der Aristoteles-Rezeption, einer neuen Zuwendung zu antiken Autoren überhaupt und der Ausbreitung des Schulwesens, vor allem den Universitätsgründungen. Die scholastische Form der Rationalität erhebt einen alle Wissensgebiete umfassenden Anspruch. Methodisch sind Lesung, aristotelisch orientierte Beweisverfahren, ansatzweise empirische Forschung (Albert von Köln), vor allem aber das Streitgespräch zu erwähnen. Scholastisch ist auch die Summa als methodisch geordnete Darstellung eines schematischen Gesamtzusammenhangs. Neuscholastik.
GS
LIT:
- J.B. Beckmann u. a. (Hg.): Philosophie im Mittelalter. Hamburg 1987
- W. Kluxen: Die geschichtliche Erforschung der mittelalterlichen Philosophie und die Neuscholastik
- H. M. Schmidinger: Scholastik und Neuscholastik Geschichte zweier Begriffe. In: Christliche Philosophie im katholischen Denken des 19. und 20. Jhs. Hg. von E. Coreth u. a. Bd. 2. Graz/Wien/Kln 1988. S. 362390 u. 2353.