Subjekt-Objekt-Spaltung
Folgeproblem der bewusstseins-philosophischen Verabsolutierung der S.- O.-Relation der Erkenntnis, der Annahme, dass Erfahrungserkenntnis ausschließlich als zweigliedrige Relation zwischen Erkenntnissubjekt und zu erkennendem Objekt zu verstehen sei. Erkenntnistheoretisch relevant ist das Problem der S.-O.-S., insofern gültige Erkenntnis voraussetzt, die Kluft zwischen Subjekt und Objekt überwinden zu können. Im Rationalismus Descartes’ hat die S.-O.-S. die quasi-ontologische Form eines Auseinander von selbstgewissem ego (res cogitans) und materieller Außenwelt (res extensa). Das Subjekt könne nur über seine eigene Existenz Gewissheit erlangen, wahre Erkenntnis der Außenwelt garantiere hingegen ein wahrhaftiger Gott. Die subjektphilosophische Verabsolutierung des S.-O.-Schemas setzt sich in Kants Transzendentalphilosophie fort. Indem Kant in den Naturwissenschaften das Paradigma der Erkenntnis sieht und die für die Geistesund Sozialwissenschaften grundlegende kommunikative S.-S.-Relation ausblendet, muss er eine hinter der subjektiv konstituierten Erscheinungswelt liegende, unerkennbare Welt-an-sich annehmen, um objektive Erfahrung und gültige Erkenntnis denken zu können. Husserls transzendentale Phänomenologie hat den Widersinn des erkenntnistheoretischen Dualismus durch Aufweis der Intentionalitätsstruktur des Bewusstseins aufzuheben versucht. Da Husserl den Geltungsboden für die Erkenntnis der Außenwelt in das reine Bewusstseinsleben eines einsamen ego verlegen will, erneuert sich bei ihm die S.-O.-S. als Spaltung zwischen einer erkennbaren Welt-für-mich und einer unerkennbaren Welt-für-alle. – Peirces sinnkritischer Realismus löst das Problem der S.-O.-S. auf, indem er die Vorstellung einer vermeintlich unerkennbaren Welt-an-sich in die regulative Idee eines für die unbegrenzte Forschergemeinschaft auf lange Sicht Erkennbaren transformiert. An Peirce knüpft die Transzendentalpragmatik (Apel) an, indem sie die, eine gemeinsame, sprachlich erschlossene Welt schon voraussetzende, S.-S.-Relation der sprachlichen Kommunikation als Sinnbasis der S.-O.-Relation der Erkenntnis aufweist.
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LIT:
- K.-O. Apel: Transformation der Philosophie. Frankfurt 1973
- D. Bhler: Rekonstruktive Pragmatik. Frankfurt 1985
- E. Husserl: Cartesianische Meditationen. Den Haag 1950
- W. Kuhlmann: Zum Problem des Ding an sich. Kant, Peirce, transzendentalpragmatische Sinnkritik. In: Ders.: Kant und die Transzendentalpragmatik. Wrzburg 1992. S. 7999.