Vorsehung
(lat. providentia), bezeichnet jenen göttlichen Plan, der alles ordnet. Damit entsteht die Frage, ob die V. noch Raum für die menschliche Freiheit lässt, denn eine freie Handlung muss doch unberechenbar sein und kann somit nicht vorausgewusst werden. Die klassische Lösung dieses Dilemmas hat Boethius gegeben, wenn er die göttliche V. nicht im Sinne eines Voraussehens (praevidentia) oder Vorauswissens (praescientia) eines gleichsam Zukünftigen versteht, sondern als das Wissen einer niemals erlöschenden Gegenwart (De consolatione philosophiae, V 6). Dahinter steht die Einsicht in die Ewigkeit Gottes i.S. der Zeitlosigkeit. Denn ein gegenwärtiges Sehen legt den Dingen keine absolute Notwendigkeit auf. – In unserem Jahrhundert hat N. Hartmann (Ethik, Berlin 41962) in Verkennung der göttlichen V. einen »postulatorischen« Atheismus vertreten. Nur so glaubt er, der menschlichen Freiheit gerecht werden zu können. Dazu ist zu sagen, dass die in der göttlichen V. enthaltene Finalität und Teleologie für den Menschen nur den Sinn des Sollens und nicht des Zwanges hat; sie setzt also gerade die Freiheit voraus.
WS
LIT:
- K. Kremer: Gottes Vorsehung und menschliche Freiheit. In: Mitteilungen und Forschungsbeitrge der Cusanus-Gesellschaft 18 (1989). S. 227261
- Th. Schneider/L. Ullrich (Hg.): Vorsehung und Handeln Gottes. Freiburg 1988.