Brüderlichkeit
kennzeichnet im weiteren Sinn außerfamiliare, ideelle und soziale Gemeinschaften in Analogie zu familialen Strukturen. B. verweist jedoch etwa im Gegensatz zum Begriff des Patriarchats auf ein Beziehungsverhältnis von Gleichen. Die Brüder vereint ein gemeinsamer Werthorizont, gemeinsame Interessen und Ziele. B. impliziert eine gelungene Komposition von individueller Freiheit, sozialer Gleichheit und besonderer Konfliktregulierung. Sie dient deshalb bis heute kleineren religiösen, sozialen, politischen Gemeinschaften als Basis für die Legitimation ihrer Interessen und Ziele. Die in der partikularen Gemeinschaft praktizierte B. soll universale Geltung bekommen: »Alle Menschen werden Brüder« (F. Schiller). Nachdem die Semantik der B. in der frz. Revolution einen Höhepunkt erlebt, wird im 19. Jh. B. als Entwurf einer politischen Gleichheitsutopie weitgehend durch den Begriff der Solidarität ersetzt.
TN