Cartesianismus
Bezeichnung für die philosophische Richtung, die von Descartes ausgeht. Sachlich sind vier zentrale Aspekte zu unterscheiden: (1) der Versuch, die Philosophie von einem sicheren Fundament aus aufzubauen, das im Denkenden selbst liegt; dieses Fundament wird durch Reflexion auf die eigene Bewusstseinstätigkeit gewonnen; auch jeder Zweifel ist ein Fall von dieser Bewusstseinstätigkeit (cogito ergo sum, Discours 4, Œuvres VI, 31–33; Meditationes II, 3; Principia I, 7). Diese Begründung von Philosophie ist wegweisend für die neuzeitliche Subjektphilosophie. Sie ist ein transzendentales Argument; (2) die rationalistische Methode von Descartes, Prinzipien durch Intuition zu erfassen und von diesen aus dann deduktiv die jeweilige Theorie aufzubauen (Regulae 3). Diese Methode ist auch unter dem Schlagwort »Philosophie nach Art der Geometrie« bekannt. Sie wurde von Hobbes ebenfalls aufgenommen und erreicht ihren Höhepunkt in Spinozas Ethik. C. steht darüber hinaus generell für methodisch geleitetes, rationales Denken; (3) die Theorie, dass Körperliches und Geistiges zwei verschiedene Arten von Substanz sind (Cartesischer Dualismus); (4) die Naturphilosophie, nach der allein Ausdehnung und Bewegung die Kennzeichen des Körperlichen sind (Principia I, 53; II, 4.). Die jeweilige Raumgestalt des Körperlichen ist durch Bewegung (= Ortswechsel) von anderem Körperlichen kausal-mechanisch determiniert. Jede Veränderung eines Körpers ist eine Bewegung von Teilen von ihm (Principia II, 23–25). Alle physikalischen Eigenschaften und Ereignisse können somit mathematisch beschrieben und berechnet werden. Nach Descartes sind auch belebte Körper vollständig in dieser mechanistischen Weise beschreibbar (Discours 5, Œuvres VI, 55–56; Meditationes II, 5; VI, 17.). Während Descartes’ Physik von Newton überholt wird, ist naturphilosophisch weiterhin seine Raumtheorie von Bedeutung.
ME
LIT:
- D. Garber: Descartes Metaphysical Physics. Chicago 1992
- W. Rd: Descartes: Die Genese des Cartesianischen Rationalismus. Mnchen 21982
- B. Williams: Descartes: The Project of Pure Enquiry. Hassocks 1978.