Dilemma
(1) In der formalen Logik besagt ein D., dass ein Satz B dann gilt, wenn er nicht nur unter einer bestimmten Bedingung A gilt, sondern auch unter der gegenteiligen Bedingung non-A: aus den Sätzen 1. wenn A, dann B (A ⊃ B), und 2. wenn non-A, dann B (¬ A ⊃ B), ist der Satz B in jedem Falle ableitbar. Als klassisches D. gilt: Man beweist einen Satz »B« für den Fall (d.h. unter der Bedingung) »A« und zeigt dann, dass der Satz »B« auch für den Fall (unter der Bedingung) »nicht-A« gilt. (2) In den moralphilosophischen Diskussionen, die im Gefolge des strukturgenetischen Ansatzes von Piaget die Entwicklungsstufen moralischer Urteilsfähigkeit untersuchen, werden verschiedene Situationsbeschreibungen verwendet, in denen die moralische Konfliktsituation eines oder mehrerer Handelnder dargestellt wird. Sie dienen zur Aufforderung einer eigenen Stellungnahme und Beurteilung. Die Art der Beurteilung und Begründung soll anzeigen, auf welchem Niveau moralischer Urteilsfähigkeit sich der Proband befindet. Ein hypothetisches moralisches D. dient zur Erfassung kognitiver Strukturen und zur Beurteilung der Entwicklung des moralischen Urteilens. Z.B. geht es im »Heinz-Dilemma« darum, ob man das Diebstahlsverbot verletzen darf, um menschliches Leben zu retten, im »Euthanasie-Dilemma« um den Konflikt zwischen den Pflichten, das menschliche Leben zu schützen auf der einen Seite und menschliches Leiden zu mildern auf der anderen, im »Korea-Dilemma« um die Rechte und Pflichten eines Offiziers, um den Konflikt zwischen der Gehorsamspflicht des Soldaten und dem Wert des menschlichen Lebens.
PP
LIT:
- W. K. Essler/R. F. M. Cruzado: Grundzge der Logik I. Das logische Schlieen. Frankfurt 41991. S. 119 ff. u. 122 ff
- L. Kohlberg: Essays on Moral Development. Bd. II. San Francisco 1984
- W. M. Kurtines/J. L. Gewirtz (Hg.): Morality, Moral Behavior, and Moral Development. New York 1984.