Ressentiment
(frz. ressentir: nachhaltig empfinden), Montaigne bezeichnet damit eine nachhaltige Schmerzempfindung wie auch ein daraus resultierendes Rachegefühl. Den Aspekt der Revolte und des Widerstandes betont auch Sartre, indem er die Jugend das Alter des R.s nennt. – In Nietzsches sozialpsychologischen Analysen (Jenseits von Gut und Böse, 1886; Zur Genealogie der Moral, 1887) ist das R. ein subtil aggressives Gefühl gegen den schlechthin Anderen aufgrund der Erfahrung, vom sozial Stärkeren unterdrückt werden zu können. So begegnet der Schwache jedem Mächtigeren mit Hass und Ohnmacht, aber auch mit Unterwürfigkeit und Opportunismus. Als Folge des Zu-kurz-Gekommenseins projiziert er die Eigenschaft der Boshaftigkeit auf das starke Gegenüber und besetzt aus Motiven der Rache und der Distanzierung von ihm die eigene Schwäche mit dem Attribut »gut«. Auf diese Weise erlangt der Schwache eine geistig-moralische Überlegenheit, mit der er seine geringe körperliche und soziale Machtposition und seinen erfolglosen Kampf darum kompensieren kann. Das R. ist die wertesetzende Quelle der Sklavenmoral, die von der Herrenmoral zu unterscheiden ist (Herrenmoral/Sklavenmoral). Scheler (»Das Ressentiment im Aufbau der Moralen«) knüpft an Nietzsches R.-Begriff mit der phänomenologischen Analyse an, das R. sei eine psychische Selbstvergiftung, durch welche das bürgerliche Wertesystem mit dem obersten Wert der Nützlichkeit entstehen konnte.
KS