Romantik
Epoche europäischer Philosophie, Literatur und Kunst zwischen etwa 1790 und 1840. Sie entsteht im Anschluss an die Strömung des Sturm und Drang und als Gegenbewegung zur Aufklärung, deren Fixierung auf die Vernunft als Vereinseitigung menschlicher Seinsmöglichkeiten empfunden wird. Die sozialökonomisch belastenden Lebensumstände und politische Unsicherheit beschwören ein Krisenbewusstsein herauf, das sich darin äußert, einerseits schwärmerisch ins Volkstümliche und in die vermeintlich »harmonische« Vergangenheit (geordnete Verhältnisse im christlichen MA.) zu flüchten und andererseits im pathetisch-revolutionären Wunsch, ein neues Ich-Bewusstsein und damit eine neue »romantisierte« Welt zu schaffen. – Den Ansatz dazu liefert Fichte, der im Anschluss an Kant dem absoluten Ich die Fähigkeit zuspricht, die Welt handelnd zu prägen, indem es sich der praktischen Vernunft bedient. Das Ich zeigt seine, als göttlich interpretierte, Schöpferkraft vor allem in der Kunst, in der es sein Selbst- und Weltverhältnis im Ausgleich von natürlicher Begrenzung und freiheitlichem Streben ausdrücken kann. Schelling geht über Fichte hinaus und postuliert in seiner Identitätsphilosophie ein gemeinsames Fundament von Natur und Geist, von spekulativer Naturphilosophie und transzendentalem Idealismus: die absolute Indifferenz des Subjektiven und Objektiven. Zu dieser ursprünglichen Einheit soll mittels Kunst und Philosophie zurückgefunden werden. Schellings statischer Begriff der »Identität« wird durch Hegels These abgelöst, das Absolute sei prozessual. Die Romantiker verspüren die Zerrissenheit des Seins in den Oppositionen von Welt – Individuum, Wirklichkeit – Phantasie, Vergangenheit – Jetzt, Form – Freiheit. Sie wollen die Gegensätze aber nicht aufheben (wie die dt. Klassik und deren griechische Ideale) in einer alles vereinheitlichenden Harmonie, sondern sich gegenseitig durchdringen und durchleiden lassen (A.W. Schlegel). Novalis weist der Poesie die Aufgabe zu, alle Lebensbereiche zu »romantisieren«, d. h., »dem Endlichen einen unendlichen Schein zu geben«.
KS
LIT:
- G. Hoffmeister: Deutsche und europische Romantik. Stuttgart 21990
- H. Prang (Hg.): Begriffsbestimmung der Romantik. Darmstadt 21972.