Subjektivismus
(1) bezeichnet eine Form des Relativismus. Allgemein ist unter S. die Auffassung zu verstehen, dass Bedeutung und Wahrheit auf die sinn- und geltungsbildenden Leistungen des Subjekts bezogen sind. Vorherrschend ist das im Gegensatz zum geltungslogischen Objektivismus stehende Verständnis als skeptischer S. geworden: Da Sinn und Geltung von Begriffen, Urteilen, Aussagen usw. relativ auf das Subjekt, seine Leiblichkeit, geschichtlichen und kulturellen Perspektiven, persönlichen Interessen, seien, müsse die Vorstellung einer allgemeingültigen Erkenntnis von Tatsachen und Normen aufgegeben werden. Der skeptische S. geht auf Protagoras zurück, dessen Homo-mensura-Satz paradigmatisch für ihn ist: »Der Mensch ist das Maße aller Dinge, der seienden, dass sie sind, der nicht seienden, dass sie nicht sind.« Im skeptischen Empirismus Hume’s wird der Wissensanspruch der Tatsachenwissenschaften auf eine psychologische Komponente, den auf Gewohnheit beruhenden Glauben an eine kausale Abfolge von Ereignissen reduziert. Nietzsche denunziert den Gedanken der Wahrheit (ebenso wie jenen des moralisch Guten) als subjektives Interesse an Selbsterhaltung und -befriedigung. Sartres Existentialismus geht davon aus, dass mangels eines objektiven Sinns das einzelne Subjekt seiner Existenz einen Sinn aus sich selbst heraus neu stiften muss. – Eine dem skeptischen S. entgegengesetzte Bedeutung liegt im transzendentalen S. Descartes’, Kants und Husserls vor. Der Sinn von objektiver Wahrheit und gültiger Erkenntnis wird hier zu retten versucht, indem vermeintlich universale, sinn- und geltungskonstitutive Strukturen des Bewusstseins (z.B. Verstandeskategorien) aufgedeckt werden.
HGR
(2) Dem ethischen S. zufolge sind Werturteile nichts anderes als Beschreibungen von psychologischen Zuständen. Das Urteil »x ist gut« oder die Forderung »die Handlung y sollte vollzogen werden« drücken dann nicht mehr aus als den subjektiven Glauben, dass x gut sei oder dass man y tun sollte, und die positive Einstellung gegenüber x und y. Als metaethische Position stellt der ethische S. eine Sonderform des Naturalismus dar, da er die Bedeutung der Aussagen in der Form »ich glaube, dass x oder y gut ist« als Beschreibung psychischer Zustände, d.h. positiver oder negativer Einstellungen, interpretiert. [PP]
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LIT:
- G. Grewendorf/G. Meggle (Hg.): Seminar: Sprache und Ethik. Frankfurt 1976
- D. Hume: An Enquiry Concerning Human Understanding (1748; dt. Eine Untersuchung ber den menschlichen Verstand. Hamburg 111984)
- E. Husserl: Ideen zu einer reinen Phnomenologie und phnomenologischen Philosophie. Hua. Bd. III/1. Den Haag 1976
- I. Kant: Kritik der reinen Vernunft
- F. Nietzsche: Jenseits von Gut und Bse.