Verzweiflung
Kierkegaard bestimmt das Selbst des Menschen als ein »Verhältnis, das sich zu sich selbst verhält«. V. ist das Missverhältnis in diesem Selbstverhältnis. Das Wesen jeder Form der V. ist: sich selbst loswerden wollen, nicht man selbst sein wollen oder nicht ein Selbst sein wollen. Das Missverhältnis kann sich in verschiedenen Aspekten zeigen: (a) in der einseitigen Verwirklichung nur eines der Verhältnismomente, die den Menschen bestimmen (Endliches-Unendliches, Notwendigkeit-Möglichkeit, Leib-Seele); (b) darin, sich überhaupt nicht bewusst zu sein, ein Selbst zu haben; (c) darin, sich bewusst zu sein, ein Selbst zu haben, aber dennoch entweder nicht man selbst sein zu wollen oder verzweifelt man selbst sein zu wollen. Letzteres bedeutet für Kierkegaard, ohne Gott, der den Menschen als Selbst geschaffen hat, selbst sein zu wollen. Demgegenüber lautet die Kierkegaard’sche Bestimmung für ein Selbst ohne V.: »Dies ist nämlich die Formel, die den Zustand des Selbst beschreibt, wenn die Verzweiflung ganz beseitigt ist: Indem es sich zu sich selbst verhält und indem es es selbst sein will, gründet das Selbst durchsichtig in der Macht, die es setzte« (Die Krankheit zum Tode, Ges. Werke, 24./25. Abtlg. S. 10). Selbstsein.
FPB
LIT:
- B. Heimbchel: Verzweiflung als Grundphnomen der menschlichen Existenz. Frankfurt/Bern/New York 1983
- S. Kierkegaard: Die Krankheit zum Tode (Ges. Werke. 24./25. Abtlg.). Dsseldorf 1954
- M. Theunissen: Das Selbst auf dem Grund der Verzweiflung. Frankfurt 1991.