Frage
die ursprüngliche, diskursive Artikulation des Staunens. Im sokratischen Denken sind die F. und die Antwort die zwei Elemente des dialogischen Denkens. Der erste Schritt der F. ist die Destruktion des menschlichen Meinens, der alltagsüblichen Antworten, die Aufdeckung der Aporie. Weil in der F. schon eine bestimmte Richtungsweise mitenthalten ist, wird ihr bei Platon eine propädeutische Rolle zugesprochen (Mäeutik). Aristoteles bestimmt in der Topik verschiedene Arten und Weisen der F., bettet sie vor allem aber in die Logik der Aussage ein. Erst in der modernen Logik erhält die F. einen eigenständigen Wert gegenüber dem Urteil und wird weiterhin im Kontext der Sprache (Problem), in der Sprachanalyse und in der Pragmatik neu definiert. Das Fragen wird anthropologisch als Grundeinstellung des Menschen, bzw. als das Spezifische der Existenz überhaupt betrachtet. Im dynamisch transzendierenden Charakter der F., die über das faktisch Vorgegebene hinaus tendiert, ist das weltoffene Wesen des Menschen verankert worden (M. Scheler). Das Fragen ist für Heidegger der Ausgangspunkt der existenzialen Analytik des Daseins in Sein und Zeit. Das Dasein wird »aufgrund der Erfahrung der F. zu einem für die Seinsfrage exemplarischen Seienden« (J. Derrida: Vom Geist. Frankfurt 1992. S. 25). Weil das Dasein fragen kann, ist es nicht nur fähig, nach einzelnem zu fragen, sondern auch nach dem Sein überhaupt und nach dem Sinn des Seins. In Unterwegs zur Sprache spielt die F. bei Heidegger eine andere Rolle. Ursprünglicher als das Fragen ist in der Sprache die Zusage; sie übersteigt die F., die doch als »Frömmigkeit des Denkens« weiterhin Leitfaden des Denkens bleibt. Eine zentrale Stelle hat die F. in der hermeneutischen Situation, in der sie richtig oder falsch sein kann, je nachdem, ob sie wirklich in eine noch offene Schwebe führt und eine Antwort bzw. Entscheidung fordert oder nicht (Gadamer: Wahrheit und Methode. Tübingen 31972. S. 346 f.).
MBO
LIT:
- E. Coreth: Frage. In: Hdb. philosophischer Grundbegriffe. Hg. v. H. Krings u.a. Mnchen 1973
- H. Rombach: ber Ursprung und Wesen der Frage. Freiburg/Mnchen 21988
- K. Zillober: Frage. In: HWPh.