Idol
(griech. eidolon; lat. idolum: Bild, Trugbild), in der Patristik, z.B. bei Tertullian, ein Ausdruck für Trug- oder Götzenbilder oder -tempel. Daher nennt er die Verehrung der heidnischen Götter Idolatrie. Das I. bildet den Inbegriff allen sündhaften Verhaltens. Cusanus sieht in »I.« die Isolierung der Produkte der Schöpfung von ihrem Schöpfer, d.h. die Quelle des Götzendienstes. In diesem Sinne verwenden noch B. Pascal und J. H. Newman den Begriff. Der Patristik ist die erkenntnistheoretische Bedeutung des eidolon-Begriffs bei Platon und Aristoteles, an den die Stoa anknüpft (I.: das Bild in der Seele; die Vorstellung), unbekannt. Erst die Aristotelesrezeption in der Hochscholastik führt hier zu einem neuen Verständnis. So begreift u.a. Albertus Magnus I. als die wahrnehmbare Form, durch die der Gegenstand gesehen wird. – Diese Sichtweise verliert in der Neuzeit ihre Relevanz, weil die Idolenlehre F. Bacons jede positive Wertung des Begriffs ausgeschlossen hat. Dessen Gebrauch von »I.« im Sinne von Vorurteil bricht radikal mit der antiken Philosophie. Während der Aufklärung wird die Unvernünftigkeit von I.en kritisiert; Kant bezeichnet das am Kult fixierte »Pfaffentum« als I., Später steht der Begriff u.a. bei M. Proust für die leidenschaftliche Verehrung geschichtlicher Größen. Mit Schelers Ausdehnung der Kritik auf die Sphäre der Selbstwahrnehmung erreicht »I.« eine neue Dimension.
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LIT:
- F. Bacon: Neues Organon. Bd. 1. Hamburg 1990
- N. de Cusa: De docta ignorantia. In: Phil.-theol. Schriften (lat.-dt.). Bd. 1. Wien 1964
- I. Kant: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloen Vernunft. In: Akad.-Ausg. Bd. 6. Berlin 1907
- M. Scheler: Vom Umsturz der Werte. In: Ges. Werke. Bd. 3. Bern 41955
- Q. S. F. Tertullian: Apologetica. Mnchen 1974.