Menschheit
Philosophische Relevanz und »Karriere« des Begriffs M. gehen einher mit der Etablierung der philosophischen Anthropologie sowie der anthropologischen Geschichtsphilosophie seit der zweiten Hälfte des 18. Jh. M. wird zunächst nicht allein als Kollektiv- oder Gattungsbegriff verstanden, sondern umfasst, als Inbegriff aller menschlichen Handlungen, die Gesamtheit menschlicher Möglichkeiten. Hervorgehoben werden der zukunftsoffene Charakter der M. und die ethisch-praktische Autonomie. M. verweist damit zugleich auf den Gedanken der Humanität. Kant trennt M. als Kollektivbegriff von der »Idee der M.« und unterscheidet so zwischen »homo phainomenon« als dem »Menschen als Gegenstand der Erfahrung« und »homo noumenon« als »Idee der M.«; dem »intelligible[n] Charakter«, durch welchen die M., als Person, ein autonomes, »mit praktischem Vernunftvermögen und Bewußtsein der Freiheit seiner Willkür ausgestattetes Wesen« ist (Kant, Akad.-Ausg. Bd. 7, S. 58; 324). Die Kantische Rede von »M. überhaupt« findet sich auch bei W. v. Humboldt, der ebenso die Autonomie der Subjektivität akzentuiert: »Der Begriff M. ist aber nichts anderes als die lebendige Kraft des Geistes, der sie beseelt [und] sich in ihr thätig und wirksam erweist« (Humboldt, Werke 1, S. 515). Die Darstellung der »Einheit der M.« ist – als gleichsam »regulative Idee« – für Humboldt das gemeinsame Ziel aller Wissenschaft (vgl. Ges. Werke 6, S. 6). Schiller betont die ästhetische Dimension, in der die Vermögen Sinnlichkeit und Vernunft konvergieren. Schönheit erweise sich »als eine notwendige Bedingung der M.« (Schiller, Werke 5, S. 807).
JH
LIT:
- T. Borsche: Wilhelm v. Humboldt. Mnchen 1990
- N. Hinske: Kants Idee der Anthropologie. In: H. Rombach (Hg.): Die Frage nach dem Menschen. Freiburg u.a. 1966
- P. Schmitter: Multum non multa? Studien zur Einheit der Reflexion im Werk W. v. Humboldts. Mnster 1991.