Solidarität
kennzeichnet nach E. Durkheim als »mechanische« (in vorindustriellen Gesellschaften durch äußeren Zwang erzeugte) oder »organische« (in modernen Gesellschaften durch die moralische Bedingtheit gesellschaftlichen Lebens entstehende) S. den Zusammenhalt gesellschaftlicher Institutionen. Ferner gehört S. zum Vokabular der im Prozess von Modernisierung, Industrialisierung und Segmentierung entstehenden sozialen Bewegungen, insbesondere der Arbeiterbewegung. Die Begründung des Füreinander-Einstehens zielt dabei zunächst auf eine gemeinsame Interessenlage ab, wird darüber hinaus aber auch mit dem Gefühl der Verpflichtung in Verbindung gebracht, andere Individuen oder Gruppen zu unterstützen. Bei der Einforderung von S. mit Benachteiligten, Schwachen jenseits der engeren individuellen Interessen verweisen (im Kontext christlicher Soziallehren, aber auch der Existenzphilosophie z.B. von Camus angesiedelte) Begründungen eher auf eine im menschlichen Wesen angelegte Fähigkeit zur S. Ziel der Argumentationen ist es, auf Gefühle sozialer Zusammengehörigkeit und die Einheit bzw. wechselseitige Abhängigkeit von Individuum und Gesellschaft aufmerksam zu machen. In der zeitgenössischen Philosophie wird S. charakterisiert als Mitgefühl der Subjekte, die eine jeweilige zeitliche oder soziale Lage teilen, ohne auf eine allgemeinverbindliche Moralbegründung zurückgreifen zu können (R. Rorty), ferner im Rahmen der Kommunitarismusdebatte als eine Form der sozialen Orientierung, die die Rückbindung der in der modernen Gesellschaft immer stärker vereinzelten Individuen durch die Ausbildung von Gemeinsinn anstrebt.
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LIT:
- E. Durkheim: ber die Teilung der sozialen Arbeit (1893), Neuwied 1977
- A. Honneth: Kommunitarismus: Eine Debatte ber die Grundlagen moderner Gesellschaften. Frankfurt/New York 1993.