Paradoxie,paradox
(griech. para: gegen, doxa: Meinung, Erwartung). Das Adjektiv spezifiziert im weiteren Sinne Sachverhalte oder Aussagen, die der geläufigen Meinung oder Erwartung entgegenstehen und alogisch, unsinnig oder widersprüchlich erscheinen; im engeren Sinne wird Paradoxon gleichbedeutend mit Antinomie gebraucht und stellt einen Widerspruch in Form einer Kontradiktion dar. P.n haben als Möglichkeit, Modelle revolutionärer Entwicklungen darzustellen, eine fördernde Funktion in der Geistesgeschichte. Sobald sich ein Problem nicht mehr innerhalb des dafür zuständigen Bezugssystems lösen lässt, kann eine paradoxe These zur Veränderung oder Aufgabe des Systems führen. – Es gibt mehrere Typen von P.n: (1) Logische P.n sind z.B. Zenons Aufweise der Grenzen mathematischer Beschreibungen der Bewegung. (2) Erkenntnistheoretische P.n basieren auf selbstbezüglichen Prozessen. (3) Moralische, soziale und metaphysische P.en thematisieren Fragen der Lebensführung, theologische Probleme wie die Vorstellung vom Gott-Menschen. (4) Rhetorische P.n, besonders in der sophistischen Lobrede oder im Spott-Encomium, dienen u. a. zur Perfektionierung der Argumente und des Effekts. – Charakteristische Elemente sind: scheinbarer Widerspruch, Ausnutzung von relativen und konkurrierenden Wertsystemen, Selbstbezug, Zirkelschluss und Ambiguität. Zenon’sche Paradoxie, Lügner, Bertrand’sche Paradoxie, Olbers’sches Paradoxon, Rabenparadoxie, Vorhersageparadoxon, Zwillingsparadoxon.
DGR
LIT:
- B. Bolzano: Paradoxien des Unendlichen. Nachdr. Darmstadt 1964
- N. Falletta: Paradoxon. Mnchen 1985.