Fehlschluss
Ein deduktiver F. ist ein Argument, das nicht wahrheitserhaltend ist, bei dem also der Fall eintreten kann, dass die Prämissen wahr sind, die Konklusion jedoch falsch ist. z.B. ist folgender Schluss nicht gültig: 1. Prämisse: wenn A, dann B; 2. Prämisse: B; Konklusion: also A. Alltagssprachliches Bsp.: 1. wenn Johannes Malaria hat, dann hat er Fieber; 2. Johannes hat Fieber; 3. also hat er Malaria; die Wenn-dann-Aussage der ersten Prämisse ist gültig, ebenso (möglicherweise) die Feststellung der 2. Prämisse, ohne dass die Konklusion richtig sein muss, denn Johannes könnte ebensogut eine Lungenentzündung haben, die das Fieber hervorruft. Der F. kommt dadurch zustande, dass das Rechtfertigungsverhältnis missachtet wird. In dem gültigen Schluss des modus ponens (1. wenn A, dann B, 2. A, 3. also B) ist die Rechtfertigung des Schlusses aus der Zusatzprämisse auf die Konklusion in der ersten Prämisse begründet: Die Implikation berechtigt, aus dem Wenn-Satz den Dann-Satz zu deduzieren. In dem genannten F. wird die Implikation missachtet und von dem Dann-Satz auf den Wenn-Satz geschlossen (was durch die Implikation nicht gerechtfertigt ist). Ein F. der Form »1. wenn A, dann B, 2. nicht A, 3. also nicht B« wird zwar analog dem modus tollens (1. wenn A, dann B, 2. nicht B, 3. also nicht A) formuliert, dabei wird die Rechtfertigung der Implikation »überinterpretiert« zu einer Äquivalenz: A genau dann, wenn B (was den Schluss von »nicht A« auf »nicht B« zuließe). Alltagssprachliches Beispiel: Es gilt zwar: »wenn Johannes Malaria hat, dann hat er Fieber«, woraus sich aber nicht ableiten lässt, dass man bei Fieber immer Malaria hat. – Das Argument des F.es wird in unterschiedlichen Kontexten angewandt, um zu zeigen bzw. behaupten zu können, dass bestimmte Annahmen in keinem korrekten Verhältnis zu der Schlussfolgerung stehen bzw. bestimmten Definitionsversuchen falsche Folgerungen unterlegt werden (Abstractive fallacy, Fehlschluss, naturalistischer).
In der klassischen Logik werden im Hinblick auf die gültigen Syllogismen folgende Grundsätze formuliert, deren Verletzung die Schlussformen ungültig machen: 1. Im Schlusssatz (d.i. einer Konklusion aus zwei Prämissen) darf nie ein Term auftreten, der in keiner der Prämissen enthalten war. 2. Im Schlusssatz darf kein Term mit einer Quantität (alle, einige) vorkommen, die größer wäre als seine Quantifizierung in der Prämisse. Eine Verletzung dieses Grundsatzes führt zum F. des latius hos. 3. Der Ausdruck für den Mittelbegriff darf nicht in zwei verschiedenen Bedeutungen im Ober- und Untersatz gebraucht werden. Das hätte zur Folge, dass vier Termini die wesentlichen Bestandteile der Prämissen bilden. Dies stellt den F. des Quaternio terminorum dar.
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LIT:
- W. K. Essler/R. F. M Cruzado: Grundzge der Logik I. Das logische Schlieen. Frankfurt 41991. S. 43 ff
- A. Pfnder: Logik. Tbingen 31963. S. 328 ff.
Fehlschluss,naturalistischer
(auch naturalistic fallacy), von G. E. Moore in Principia Ethica entwickeltes Argument, das die Möglichkeit der Definition des ethischen Terminus »gut« bestreitet. Der n. F. wird begangen, wenn »gut« mit Hilfe eines anderen nichtethischen, eines natürlichen oder übernatürlichen Begriffs identifiziert wird. Da »gut« weder eine natürliche noch eine metaphysische Eigenschaft darstellt, kann es auch keinen natürlichen Gegenstand oder irgendwelche übernatürliche Eigenschaften geben, die mit »gut« identisch wären. Vielmehr stellt »gut« einen eigenen Wert an sich dar. Was gut ist (oder die Gutheit), wird durch eine eigene Anschauung erkannt bzw. unserer Intuition gegeben. Das Attribut »naturalistisch« kommt daher, dass Moore dem ethischen Naturalismus ein solches Definitionsverfahren unterstellt hat. Von Moore selbst wurde der Fehlschluss nur behauptet, aber nicht hinreichend aufgezeigt. Nach einem Vorschlag von Frankena wäre die Bezeichnung »Definitionsfehlschluss« angemessener. Intuitionismus.
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LIT:
- W. K. Frankena: The Naturalistic Fallacy. In: Mind 48 (1939). S 464 ff
- R. M. Hare: Die Sprache der Moral. Frankfurt 1983
- G. E. Moore: Principia Ethica. Stuttgart 1970
- M. Riedinger: Das Wort gut in der angelschsischen Metaethik. Freiburg/Mnchen 1984
- Th. Scanlon: What we owe to each other. Cambridge Mass. 1998
- N Scarano: Moralische berzeugungen. Grundlinien einer antirealistischen Theorie der Moral. Paderborn 2001
- P. Schaber: Moralischer Realismus. Freiburg/Mnchen 2001
- Ders. Naturalistischer Fehlschluss. In: M. Dwell/Ch. Hbenthal/M. Werner (Hg.): Handbuch Ethik. Stuttgart/Weimar 22006. S. 454456
- L. K. Sosoe: Naturalismuskritik und Autonomie der Ethik. Freiburg/Mnchen 1988.
Fehlschluss,empiristischer
in der ethischen Diskussion denkbare Argumentation, die aus der Tatsache, dass die Menschen nach einem bestimmten Gut streben, ableitet, dass dieses Gut erstrebenswert ist. Eine solche Argumentation beinhaltet keine Begründung dafür, warum das, wonach (möglicherweise) eine Mehrheit strebt, tatsächlich auch ein erstrebenswertes Gut darstellen soll, so dass es auch für diejenigen einsichtig wäre, die bisher nicht danach gestrebt haben. Moore (Principia Ethica) macht der utilitaristischen Ethik von Mill den Vorwurf, diese Differenz zwischen »erstrebt« bzw. »erstrebbar« und »erstrebenswert« nicht hinreichend berücksichtig zu haben.
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Fehlschluss,abstraktiver
abstractive fallacy
Fehlschluss,deskriptiver
Im Rahmen der Sprachphilosophie erhebt Austin, einer der Wegbereiter der Philosophie der Normalsprache, den Vorwurf des d. F.es in Bezug auf die traditionelle Behauptung, dass Wissen Wahrheit impliziert. Die Auffassung, dass es sich bei der Äußerung »ich weiß, dass p« um eine deskriptive Aussage handelt, die einen geistigen Zustand oder mentalen Vorgang des Sprechers beschreibt, ist nach Austin falsch. Denn bei einer solchen Äußerung beschreibt man nicht eine Handlung, die man vollzieht, sondern man führt eine bestimmte Handlung aus, indem man von sich behauptet, etwas zu wissen. Bei der Interpretation als deskriptive Aussage handelt es sich um einen d. F. – In der metaethischen Diskussion wird die Behauptung der Bedeutungsgleichheit von einem Moral-Ausdruck »gut« und einem Ausdruck, der natürliche Eigenschaften bezeichnet, d. F. genannt. Nach Ansicht von Hare kommt den Moral-Ausdrücken und den »Wert-Wörtern« immer auch eine präskriptive Komponente zu. Die Wert-Wörter haben die spezielle sprachliche Funktion, Dinge zu empfehlen oder Handlungen anzuraten. Aus diesem Grund kann ein ethischer Ausdruck nicht auf den deskriptiven Charakter beschränkt werden.
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LIT:
- J. L. Austin: Gesammelte philosophische Aufstze. Stuttgart 1986. S. 136
- R. M. Hare: Freiheit und Vernunft. Frankfurt 1983
- Ders.: Sprache und Moral. Frankfurt 1983.