Weltanschauung
erstmals bei I. Kant in der Kritik der Urteilskraft nachgewiesen, bezeichnet die in ein System gebrachte Gesamtauffassung vom Ursprung, Wesen und Ziel der Welt und des Menschen in ihr. Insofern fungiert W. im Unterschied zum Weltbild nicht als bloß beschreibendes, sondern als erklärendes, sinnstiftendes Prinzip, das wie ein Horizont die Sicht auf die Welt begrenzt, ohne als solches erfahrbar zu sein – allenfalls im Kontakt mit anderen W.en. In diesem Sinne haben W.en universalen Charakter, da man nicht mehrere zugleich hat, gerade wenn es mehrere gibt. – Mittlerweile stellen sich W.en jedoch, aufgrund von Modernisierung und Individualisierung, insofern als Beobachterleistungen dar, als eine W., die jemand hat, weniger über die Welt aussagt, die angeschaut wird, als über den, der sie so anschaut. Denn auch W.en sind bloß Konstruktionen, wenngleich sie zumeist latent bleiben und als solche nicht bewusst werden, sondern nur selektiv zur Geltung kommen. Anders ist das, wenn es sich um wissenschaftliche W. handelt, die von vornherein reflexiv gearbeitet sind. Heutzutage würde man im wissenschaftlichen Kontext jedoch eher von Paradigma sprechen, so wie man im politischen Kontext von Ideologie spricht. Der Begriff der W. hat indes an Bedeutung etwas verloren, wenngleich Konflikte wegen unterschiedlicher W.en durch den Prozess der Globalisierung zunehmen (z.B. Fundamentalismus).
KH
LIT:
- P. L. Berger/Th. Luckmann: Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie. Frankfurt 1969
- W. Denner (Hg.): Wandlungen und Fortschritte in Wissenschaft und Weltanschauung. Leipzig 1931
- W. Dilthey: Weltanschauungslehre. Abhandlungen zur Philosophie der Philosophie (Ges. Schriften Bd. VIII. Stuttgart/Gttingen 1962)
- K. Jaspers: Psychologie der Weltanschauungen. Berlin 1925
- H.G. Meier: ˲Weltanschauung˱. Studien zur Geschichte eines Begriffs. Mnster 1970
- M. Scheler: Philosophische Weltanschauung. Bonn 1929
- P. Watzlawick: Die erfundene Wirklichkeit. Wie wir wissen, was wir zu wissen glauben? Beitrge zum Konstruktivismus. Mnchen/Zrich 1981.