Transzendenz
(lat. transcendere: hinübersteigen), meint allgemein das Überschreiten eines bestimmten Bereichs von Unterscheidungen, Vorstellungen oder Seinsweisen. Erkenntnistheoretisch besagt T. Bewusstseinsunabhängigkeit und bezeichnet einen Ort oder Zustand, der unabhängig vom erkennenden Bewusstsein existiert bzw. einem Sachverhalt zukommt, der als selbständiger jeden möglichen Erkenntnisakt übersteigt. T. meint weiterhin die grundlegende erkenntnistheoretische Differenz zwischen Innen- und Außenwelt. – Vor allem in Kants Transzendentalphilosophie wird die Erfahrungstranszendenz bestimmter begrifflicher Spekulationen kritisch betont. Ein Begriff ist nach Kant transzendent, wenn er den Bereich möglicher Erfahrungen überschreitet und so einer kritischen Überprüfung oder Begründung durch die Erfahrung nicht mehr zugänglich ist. Demgegenüber verbleibt Kants Nachweis und Analyse der transzendentalen Erfahrungsbedingungen auf mögliche Erfahrung bezogen und zeigt, dass Erfahrungsgegenstände Erscheinungen und nicht Dinge an sich sind. – In der logisch-ontologischen Spekulation (Ontologie) der Scholastik bedeutet T. Überweltlichkeit. Höchste T. kommt Gott zu, der alles geschöpfliche Sein übersteigt, aber schon die Seele des Menschen ist transzendent, da sie kraft ihrer Geistigkeit die Welt auf Unendlichkeit hin zu übersteigen vermag. Transzendent sind die Transzendentalien, die als allgemeinste Begriffe alle kategorialen Bestimmungen des Seienden auf das Sein hin übersteigen. – In der Existenzphilosophie meint T. bei Heidegger das Übersteigen des einzelnen Seienden auf Welt überhaupt und Sein hin. Jaspers versteht unter T. das Sein als das Umgreifende, das zugleich die Sphäre des Göttlichen ist.
TH
LIT:
- I. Kant: KrV
- A. Rosales: Transzendenz und Differenz. Den Haag 1970
- E. Simons: Transzendenz. In: Handbuch philosophischer Grundbegriffe. Bd. 6. Mnchen 1974
- F. Zimmermann: Einfhrung in die Existenzphilosophie. Darmstadt 31992.